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Warum Putin mit dem Säbel rasselt

Warum Putin mit dem Säbel rasselt

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Foto: Lars Heidrich
Die Autorin Katja Gloger („Putins Welt“) kennt Russlands Stärken und Schwächen. Am Donnerstag sprach sie vor 2000 Gästen des Politischen Forums Ruhr.

Essen. 

Diie Journalistin Katja Gloger, beobachtet die Entwicklung Russlands seit 1989. „Ich bin diesem Land hoffnungslos romantisch verfallen“, sagte sie am Donnerstag in der Philharmonie Essen beim 116. Abendkongress des Politischen Forums Ruhr. Um dann doch schnell zu einer eher unromantischen Beschreibung der russischen Wirklichkeit überzugehen. Gloger beschrieb ein an Widersprüchen reiches Land, das „im postimperialen Schmerz gefangen“ sei. Russland, so ihre Analyse, stecke derzeit fast hoffnungslos in einer Modernisierungsblockade fest. Und sein autoritärer Führer, Wladimir Putin, denke fast ausschließlich in Kategorien wie „Ja oder Nein“, „Wir oder Die“, „Sieg oder Niederlage“.

Matthias Korfmann sprach vor der Veranstaltung mit der Autorin des Buches „Putins Welt“ über den Präsidenten und dessen Empfindlichkeiten.

Frau Gloger, kann man von einem neuen Kalten Krieg zwischen Russland und dem Westen sprechen?

Katja Gloger: Im Prinzip ja, leider. Russland wendet sich immer radikaler vom Westen ab. Es hat wieder ein schlagkräftige Armee, es hat die Krim annektiert. Im Osten der Ukraine bleibt Russlands Eskalationsdominanz bestehen, in Syrien sind weiterhin Tausende Soldaten stationiert. Außerdem kommt es immer wieder zu gefährlich nahen Begegnungen zwischen russischen Kampfjets und Nato-Schiffen oder Flugzeugen, was das Risiko einer Eskalation erhöht. Ost und West sollten dringend wieder die Kommunikationskanäle öffnen zwischen den Militärs, um Deeskalation betreiben zu können. In Russland herrscht inzwischen das Gefühl vor, in einer belagerten Festung zu leben. Mit angeblichen Feinden im Inneren und dem Westen, allen voran die USA, als Feind. Der russische Schriftsteller Viktor Jerofejew hat jüngst gesagt: „Noch nie habe ich einen großen Krieg als so nah und möglich empfinden müssen. Das ist wie ein Alptraum.“

Welche Ziele verfolgt Putin?

Katja Gloger: Putin sieht sich und sein Land von Feinden und Gegnern umkreist. Sein Ideal ist ein mächtiger, starker, zentraler Staat, was sich mit seinen Erfahrungen mit der zusammengebrochenen UdSSR und wohl auch mit seiner Biografie als KGB-Agent erklären lässt. Er will als Führer einer Weltmacht wahrgenommen werden. Und er misstraut den USA.

Trifft dies das Lebensgefühl der Russen?

Katja Gloger: Viele Menschen dort glauben auch, dass ein Staat stark sein sollte, dass Russland auf einer historischen Mission ist, seinen eigenen russischen Weg geht und eigentlich immer weniger zu Europa gehört. Und diese angebliche historische Bestimmung lehnt westliche Werte und Regeln zunehmend ab. Der Westen, auch Europa, wird als doppelzüngig und moralisch dekadent empfunden, Deutschland als von Flüchtlingen überflutet. Putin ist trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage populär, und die Annexion der Krim hat seine Beliebtheit noch gesteigert.

Wie stark ist Russland wirklich?

Katja Gloger: Militärisch hat es neue Stärke gewonnen, in den Militärhaushalt wird massiv investiert. Aber ökonomisch und gesellschaftlich gerät es immer tiefer in eine Sackgasse. Putins Herrschaftssystem ist im Grunde ein System im Überlebensmodus. Der Westen hat seit dem Fall der Mauer, dem Ende des Kalten Krieges, sicher viele Fehler im Umgang mit Russland gemacht. Aber die entscheidenden Gründe für Russlands Abkehr vom Westen liegen in Russland selbst, in der dortigen Innenpolitik. Die Aggression nach außen dient dem Machterhalt innen. Ich fürchte, dieses Land hat noch nicht gelernt, im Frieden mit sich selbst zu leben.

Putin galt in Deutschland mal als seriöser Gesprächspartner. Gerhard Schröder nannte ihn gar einen „lupenreinen Demokraten“? Hat man Putin in Deutschland total falsch eingeschätzt?

Katja Gloger: Offenbar. Putin hat auf Deutsch im Bundestag geredet. Man hat gedacht, er sei der „Deutsche im Kreml“. Und das war falsch. Der „Deutsche im Kreml“ war eigentlich Michail Gorbatschow – der Mann, der die Zukunft Russlands in einem Gemeinsamen Europäischen Haus sah. Für viele Russen wurde er ja zum „Verräter“. Wir dürfen aber Putin und Russland auch nicht dämonisieren.

Ist es richtig, Russland zu sanktionieren?

Katja Gloger: Sanktionen sind kein Ersatz für kluge Politik. Aber manchmal – wie im Fall der Ukraine – helfen Sanktionen, eine Partei an den Verhandlungstisch zu bringen. Von der Einigkeit der Europäer war Putin durchaus überrascht, damit hatte er nicht gerechnet. Ansonsten ist es angesichts der russischen Aggressionen auf der Krim und in der Ukraine wohl richtig, rote Linien aufzuzeigen. Dies ist wichtig auch als Rückversicherung für osteuropäische Nato-Mitglieder, die ja ihre ganz eigenen historischen Erfahrungen mit Russland haben. Die roten Linien sind die Außengrenzen der Nato. Das bedeutet aber zugleich auch: Die Ukraine gehört nicht zur Nato, und sie wird wohl auf lange Zeit nicht zur Nato gehören. Umso wichtiger ist es, den brüchigen Reformprozess in der Ukraine geduldig zu unterstützen und kritisch zu begleiten, vor allem, wenn es um Korruption, den Einfluss der Oligarchen und die fehlende Rechtsstaatlichkeit geht.