Viele sehen der Türkei-Wahl am 14. Mai mit Hoffen oder Bangen entgegen. Wird Erdogan seine Macht verstärken und die Alleinherrschaft weiter ausbauen? Oder nimmt der Sozialdemokrat Kemal Kilicdaroglu ihm den Sieg?
Schließlich setzen Erdogan-Gegner auf Kilicdaroglu anlässlich der Umfragen große Stücke. Er soll nach der Türkei-Wahl die sehnlichst erhoffte Zeitenwende kommen. Doch der türkische Journalist Can Dündar ist sich sicher: Egal wie es ausgeht, es stehen schwere Zeiten bevor.
Türkei-Wahl: Angst und Hoffnung beim Wahlausgang
Der im Berliner Exil lebende türkische Journalist und Oppositionelle Can Dündar sieht den Ausgang der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei auch rund drei Wochen vor der Abstimmung als völlig offen an. Sicher ist seiner Ansicht nach nur: Einfach wird es nicht, selbst bei einem Regierungswechsel stehen schwierige Zeiten bevor. Erdogan-Gegner hoffen, dass Kilicdaroglu siegt und sein Oppositionsbündnis die Mehrheit im Parlament gewinnt.
„Die Türkei muss dann nach zwei Jahrzehnten Ein-Mann-Herrschaft die Demokratie neu lernen“, sagte Dündar der Nachrichtenagentur AFP. Allerdings bestünde bei dem riesigen Bündnis ein wesentliches Problem: „In der Türkei hat es seit Jahrzehnten keine Koalition mehr gegeben, das Land ist Alleinherrschaft gewohnt. Wir hätten also etwas komplett Neues.“ Bei einer Niederlage von Staatschef Recep Tayyip Erdogan befürchtet er zudem eine Reaktion ähnlich dem Sturm auf das US-Kapitol im Februar 2021.
„Im schlimmsten Fall gewinnt Erdogan die Präsidentschaftswahl und seine Partei AKP bleibt im Parlament stärkste Macht“, führt der in der Türkei zu mehr als 27 Jahren Haft verurteilte ehemalige Journalist aus. Das würde längerfristig eine vollständig autoritäre Herrschaft ohne Opposition bedeuten. „Die Enttäuschung wäre so groß, dass Hunderttausende aus der Türkei fliehen würden. Ich kenne viele, die schon ihre Koffer gepackt haben.“
Türkei-Wahl: Große Hoffnung für Erdogan-Kontrahenten
Die Wahlumfragen machen Erdogan-Gegnern Mut: Kilicdaroglu liegt zwei bis zehn Prozentpunkte vorn. Möglicherweise ist der Vorsprung tatsächlich sogar größer: „Viele trauen sich in den Umfragen nicht, ehrlich zu sein“, sagt Dündar und verweist auf Schätzungen, wonach bis zu 60 Prozent der Wähler dieses Mal nicht mehr für Erdogan stimmen wollen.
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Erhalten weder Erdogan noch Kilicdaroglu die erforderlichen 50 Prozent im ersten Durchgang, käme es zwei Wochen später zu einer Stichwahl. Das würde es für die Opposition „gefährlicher und schwieriger machen“, sagt Dündar. Neuste Partei-Umfragen zeigen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Erdogans AKP (31%) und Kilicdaroglus CHP (30%). ari/afp