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Studiengebühren werden zum Auslaufmodell

Studiengebühren werden zum Auslaufmodell

Studiengebühren in Deutschland
Studiengebühren in Deutschland
Ein Volksbegehren gegen Studienbeiträge in Bayern war erfolgreich. Auch im letzten Gebührenland Niedersachsen soll das Bezahlstudium bald enden. Dabei ist die Zahl der Studierenden trotz Campus-Maut in den vergangenen Jahren sogar gestiegen.

Berlin. 

Vom vermeintlichen Goldesel zum toten politischen Gaul: Nach dem erfolgreichen Volksbegehren stehen die Studiengebühren in Bayern vor dem Aus. Sollten die Bajuwaren die Campus-Maut endgültig in der Isar versenken, wäre der Freistaat in prominenter Gesellschaft.

Abgesehen von Niedersachsen haben sich alle Bundesländer von Beiträgen fürs Erststudium verabschiedet. Auch in Hannover ist dies nach dem Regierungswechsel nur eine Frage der Zeit. Somit naht das Ende einer politischen Idee, die Zehntausende erboste Studenten auf die Straßen getrieben und dazu beigetragen hat, mehrere Landesregierungen auf die Oppositionsbänke zu katapultieren.

„Aus politischem Kalkül gescheitert“

„Die Studiengebühren sind aus politischem Kalkül gescheitert“, meint der Geschäftsführer des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) und Ex-Wissenschaftssenator von Hamburg, Jörg Dräger. Im Wahlkampf sei es leicht, „populistisch“ gegen Beiträge „zu Felde zu ziehen und damit zu punkten.“ Tina Baier vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung begründet die Widerstände gegen Studiengebühren und deren Aus mit „der langen Tradition des gebührenfreien Studierens“ in Deutschland.

Dabei hätte es zur Gebühren-Rolle vor und zurück nach dem Gusto der damaligen Regierung unter Gerhard Schröder erst gar nicht kommen müssen. 2002 hatte Rot-Grün ein Beitrags-Verbot im Hochschulrahmengesetz verankert. Doch nach einer Klage von sechs unionsgeführten Ländern legte das Bundesverfassungsgericht 2005 sein Veto ein. Die Länder sollten selbst entscheiden können, ob sie bis zu 500 Euro pro Semester kassieren wollten. Ein Jahr später führten Niedersachsen und NRW das Bezahlstudium (verbindlich) ein. 2007 folgten Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und das Saarland.

Dabei prallten ideologische Welten aufeinander. Die Befürworter lobten die Campus-Maut, weil sie die Qualität der Unis verbessere. Sie sei sozial gerecht, weil sie nur die Studierenden, aber keine Nicht-Akademiker belaste. Die Gegner konterten, dass sie arme Abiturienten von der Hochschule fernhielte.

Gefundenes Fressen im Wahlkampf

Letztere Sichtweise setzte sich trotz Ausnahmeregeln und Darlehensmodellen durch. Wiederholt gingen Zehntausende Studenten auf die Straße. Für die Oppositionsparteien in den Ländern waren die Gebühren ein gefundenes Fressen im Wahlkampf. Nach den Regierungswechseln beerdigten sie die Campus-Gebühr. Dank der Landtagsmehrheit von SPD, Grünen und Linken ist in Hessen 2008 die erste Bezahl-Bastion gefallen. Die schwarz-gelb-grüne Zweckecke im Saarland zog 2009 nach, Grün-Rot im Schwabenland sowie Rot-Grün in NRW folgten 2011. In Hamburg ist das Erststudium seit dem Wintersemester gebührenfrei.

Dabei hätten sich, so Dräger, die Beiträge bewährt. „Die Zahl der Studierenden ist trotz Gebühren gestiegen, gerade auch aus bildungsfernen Schichten. Eine Flucht in Länder ohne Studiengebühren hat es nicht gegeben“, sagt der Bildungsexperte. Das belegt eine Studie des Hochschulinformations-Systems (HIS) von 2011. Sie besagt auch, dass 2008 nur fünf Prozent der Hochschulberechtigten wegen der Gebühren nicht studieren wollten.

Inwieweit die Qualität der Unis durch die Abgaben gestiegen ist, lässt sich schwer sagen. HIS-Publikationen weisen zwar auf eine steigende Zufriedenheit bei den Studierenden hin. Die Regierung selbst ist aber skeptisch. Ihr lägen „keine Daten zur Qualitätsentwicklung an Hochschulen vor, die sich monokausal auf die Einführung von Studiengebühren zurückführen ließen“, geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion aus dem Jahr 2012 hervor.