Dortmund.
Das Sozialticket soll arme Bürger mit Bus und Bahn mobil machen. Doch gut zwei Jahre nach seiner Einführung ist die Nachfrage nach dem vergünstigten Fahrschein für den öffentlichen Nahverkehr viel geringer als erwartet.
Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat errechnet, dass von den 1,14 Millionen potenziellen Nutzer im VRR-Gebiet deutlich unter zehn Prozent das Sozialticket nutzen. „Wir sind davon ausgegangen, dass zwölf bis 17 Prozent das Sozialticket kaufen. Im Moment liegen wir aber nur bei der Hälfte“, sagt VRR-Sprecher Johannes Bachteler. Aktuell liege der Schnitt bei 90 000 verkauften Tickets im Monat.
Im Ruhrgebiet heißt der Fahrschein „Mein Ticket“ und wird für 29,90 Euro verkauft. Fahrten in angrenzende Städte kosten Aufpreis. Das Land Nordrhein-Westfalen bezuschusst das Angebot mit 30 Millionen Euro im Jahr.
Große Verkehrsbetriebe im Ruhrgebiet bestätigen auf Anfrage, dass der Fahrschein ein Flop ist. So verkauften die Dortmunder Stadtwerke DSW 21 im Februar 2014 insgesamt 12 251 Sozialtickets. Bis Ende 2010 gab es in Dortmund ein anderes, mit 15 Euro viel billigeres Ticket. Damals war die Nachfrage mit rund 23 000 verkauften Sozial-Fahrscheinen noch doppelt so hoch. In Duisburg nutzten im Februar 2014 rund 7600 Bürger das Sozialticket. Das sind zwar 3000 mehr als zum Start des Angebots im November 2011. „Aber eigentlich war der VRR in Duisburg von 14 000 Nutzern ausgegangen“, sagt Thomas Nordiek von der Duisburger Verkehrsgesellschaft.
Auch bei der Essener Evag heißt es: „Ein Renner ist das Sozialticket nicht.“
Angesichts der schleppenden Nachfrage fordern Landes-Politiker eine Analyse des Problems. Reiner Breuer (SPD) sieht ein Problem im hohen Ticket-Preis: „Sozialhilfeempfänger bekommen im Monat nur 20 Euro für die Nahverkehrs-Nutzung. Dafür kann man kein vollwertiges Ticket erwerben. Sozialpolitisch wichtig wäre es, die Regelsätze für Mobilität auf ein realistisches Niveau zu bringen.“
Die Piratenpartei kritisiert darüber hinaus, dass etwa die Hälfte der Berechtigten in Nordrhein-Westfalen in Orten lebten, in denen das Sozialticket gar nicht angeboten werde.
Die Grünen dagegen halten eine Bewertung des Sozialtickets im Moment noch für zu früh. Ralf Witzel (FDP) hält das ganze Ticket für eine „Fehlkonstruktion“. Es sollte abgeschafft werden.