- Der SPD-Chef wirbt dafür, mit einem „integrierten Konzept“ für Steuern und Abgaben in den Wahlkampf zu ziehen.
- Das Steuersenkungs-Versprechen von Finanzminister Wolfgang Schäuble kritisiert er.
- Bei der Suche nach einem Bundespräsidenten spielt die Parteizugehörigkeit für ihn nicht die Hauptrolle.
Berlin.
Die SPD will mit einem Konzept für mehr Steuergerechtigkeit in die nächste Bundestagswahl ziehen. „Mir geht es um ein integriertes Konzept, bei dem wir nicht auf einzelne Steuerarten schauen, sondern auf die gesamte Wirkung der Steuern und Abgaben“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel unserer Redaktion.
Die unteren Einkommensgruppen hätten „nichts davon, wenn wir Steuern senken, weil sie nicht die Steuerlast drückt, sondern die Gebühren für die Kindergärten und ihre Abgabenlast“. Über solche Fragen werde die SPD jetzt debattieren.
Kritik an der Union
Das Versprechen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Arbeitnehmer von Steuern zu entlasten, bezeichnete Gabriel als unglaubwürdig. „Das ist ein bisschen das Loch Ness der CDU/CSU. Immer vor Wahlen verspricht sie Steuersenkungen. Und wenn die Wahlen vorbei sind, will niemand mehr etwas davon wissen“, kritisierte der SPD-Chef. Die Politik werde immer unglaubwürdiger, wenn sie unhaltbare Wahlversprechen mache. Gabriel wörtlich: „Die SPD wird sich an diesem Münchhausen-Wettbewerb nicht beteiligen.“
Gabriel forderte: „Wir müssen wieder dafür sorgen, dass nicht die normalen Bürger alleine das Gemeinwohl in Deutschland bezahlen, sondern auch diejenigen, denen es sehr gut und besser geht.“ Forderungen aus der SPD nach Einführung einer Vermögensteuer erteilte Gabriel allerdings eine Absage. Das Bundesverfassungsgericht schreibe die Gleichbehandlung von privaten und betrieblichen Vermögen vor, und er wolle keine Besteuerung des Betriebsvermögens. Dies würde die Unternehmen noch stärker „in die Arme der Banken“ treiben. „Bisher habe ich keinen Vorschlag gehört, der diesem Problem gerecht wird“, betonte er.
Bundespräsident: Parteizugehörigkeit spielt für Gabriel keine Rolle
Auch zur Frage nach einem geeigneten Nachfolger für Joachim Gauck im Amt des Bundespräsidenten äußerte sich Gabriel und widersprach der Einschätzung von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, der nächste Bundespräsident könne kein Unionspolitiker sein. „Die Zugehörigkeit zu einer Partei darf kein Ausschlusskriterium sein“, sagte der Vizekanzler unserer Redaktion.
Oppermann hatte zuvor in Berlin gesagt: „Die Union hat klar gemacht, dass es kein Sozialdemokrat werden soll. Dann wird es nach Lage der Dinge auch kein Christdemokrat.“ Unionsfraktionschef Volker Kauder reagierte scharf: „Wenn mein Kollege Oppermann erklärt, dass es kein Kandidat der Union schaffen würde, dann kann ich nur sagen: Es ist sicher nicht das erste Mal, dass ein Sozialdemokrat sich geirrt hat.“
Gabriel betonte nun, die Parteizugehörigkeit sei ihm „egal“. Zuallererst komme es auf die Persönlichkeit an. Der SPD-Chef widersprach der Einschätzung, die Präsidentenwahl im Februar sei ein Signal für die Bundestagswahl im Herbst des kommenden Jahres: „Ich weiß nicht, woher das kommt. Ich finde, dass die beiden Dinge völlig unabhängig voneinander sind.“
Gabriel hält es auch nicht für zwingend, dass eine Frau die Nachfolge von Joachim Gauck antritt. Auf die Frage, welche Kriterien das nächste Staatsoberhaupt erfüllen müsse, sagte der Parteichef: „Er oder sie muss die Liberalität und Weltoffenheit dieses Landes repräsentieren, muss sich darum bemühen, das ganze Land mitzunehmen und nicht nur Teile davon. Er oder sie muss die Herausforderungen von morgen kennen und dem Land dazu etwas zu sagen haben. Und er oder sie muss Optimist sein.“ Gauck habe die Zuversicht ausgestrahlt, dass Deutschland stark genug sei, um die Herausforderungen zu meistern. Das habe ihm gut gefallen, sagte Gabriel. Gauck hatte den Verzicht auf eine zweite Amtszeit mit seinem Alter begründet.
Gabriel sieht Steinmeier als geeigneten Kandidaten
Gabriel zeigte sich erfreut über eine Umfrage von TNS Emnid im Auftrag der Funke Mediengruppe, wonach die Deutschen am ehesten Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) das höchste Staatsamt zutrauen. Steinmeier würde „alles mitbringen, was man als Bundespräsident braucht: die Persönlichkeit, die Erfahrung, die Reputation im Ausland“, sagte Gabriel. Allerdings hält es der Parteivorsitzende für fraglich, ob sich in der Bundesversammlung eine Mehrheit für den Außenminister findet. Es gebe bereits die ersten Stimmen aus der CDU/CSU, die Steinmeier „nur deshalb nicht wählen wollen, weil er Sozialdemokrat ist“, so der Vizekanzler. Daher habe er „nicht den Eindruck, dass CDU und CSU spontan bereit sind, diesem Wunsch der Bevölkerung zu folgen“.
Über die Möglichkeit, gemeinsam mit Grünen und Linken einen Kandidaten aufzustellen, äußerte sich Gabriel vage. „Wir wissen nicht, ob die Mehrheiten so funktionieren“, sagte er. „Deswegen muss man erst mal reden. Es herrscht ja keine Zeitnot.“ (fmg)