Am Monitor sollen sie Bomben im Gepäck am Flughafen Köln/Bonn erkennen – doch die Mitarbeiter sitzen dort so lang, dass die Konzentration leidet.
Köln.
Lang sind seine Schichten am Gepäckband, er hat kaum Pausen, nur wenig Zeit für die Suche nach Sprengstoff und Waffen: Ein Luftsicherheitsassistent des Flughafens Köln/Bonn spricht über seinen stressigen Job. Sein Bericht endet mit einer Warnung: „Wir können unter diesen Umständen und Arbeitsbedingungen leider keine echte Sicherheit gewährleisten.“
Michael D. (Name geändert) ist ein erfahrener Sicherheitsmann am Airport. Seine Arbeitseinsätze und die seiner Kollegen beschreibt er wie den Kurs einer „launischen“ Aktie: unberechenbar, extrem flexibel, gerade so, wie es die Bundespolizei bei seinem Arbeitgeber, der Firma Kötter, einfordert. Zu jeder vollen Stunde „bestelle“ die Bundespolizei Personal für die Personen- und Handgepäck-Kontrolle. „Um 5 Uhr sind es zum Beispiel 80 Mitarbeiter, um 6 Uhr 120, um 7 Uhr 40 Kollegen. Das geht so weiter über 24 Stunden“, so Michael D.
Sechs oder sieben Luftsicherheitsassistenten kontrollieren die Passagiere am Gepäckband. „Oft sind wir fünf oder sechs Stunden am Stück ohne Pause oder Unterbrechung im Einsatz an einer Kontrollspur. Dabei ist oft keine Erholung möglich. Danach hat man 30 Minuten die gesetzlich vorgeschriebene Pause oder geht in Bereitschaft.“ Michael D. spricht von riskanten Arbeitsbedingungen am Monitor, mit dem zum Beispiel Waffen und Bomben-Bauteile erkannt werden sollen. „Um die Konzentrationsfähigkeit zu gewährleisten, dürfen wir maximal 20 Minuten am Monitor sitzen, dann lösen wir uns gegenseitig ab. In den vergangenen Monaten gab es jedoch das Problem, dass etwa 200 Kollegen nicht die vorgeschriebene Rezertifizierung hatten und daher keine Röntgenbilder auswerten durften. Das hatte zur Folge, dass innerhalb eines Teams immer wieder dieselben Kollegen am Monitor saßen. Die Gefahr, nach längeren Standzeiten Bilder nicht fehlerfrei auswerten zu können, war somit begünstigt.“ Bei langen Warteschlangen blieben nur fünf, sechs Sekunden Zeit für die Überprüfung einer Tasche am Monitor. Zu wenig, findet D. Zumal Terroristen heute auch Sprengstoff-Folie verwendeten, die auf dem Bildschirm kaum zu erkennen sei.
„Der billigste erhält den Zuschlag“
Der Krankenstand unter den Sicherheitsassistenten sei hoch. Überhaupt gebe es in diesem Beruf ein ständiges Kommen und Gehen von Mitarbeitern. „Es gab und gibt immer noch eine hohe Fluktuation. Interne sicherheitsrelevante Abläufe können somit frei nach außen hin an Dritte getragen werden“, so Özay Tarim, Gewerkschaftssekretär bei Verdi. Bei der Privatisierung der Luftsicherheit ist es nach Einschätzung der Gewerkschaft nie um mehr Sicherheit gegangen. Tarim: „Das Motto war immer: Der billigste erhält den Zuschlag.“
D.’s Arbeitgeber, die Unternehmensgruppe Kötter, wehrt sich vehement gegen die Kritik. „Wir weisen die Vorwürfe mit aller Entschiedenheit zurück. Sie sind unzutreffend und nicht stichhaltig“, sagte Klaus Wedekind, Chef der Luftverkehrssicherheits-Sparte des Essener Unternehmens, dieser Zeitung. Für Kontrolltätigkeiten gebe es ausdrücklich keine zeitliche Begrenzung. Luftsicherheitsassistenen würden bei der Gepäckkontrolle auch nicht „getrieben“. Wedekind: „Unsere Mitarbeiter stehen immer unter Aufsicht der Bundespolizei.“ Die Sicherheit habe „absolute Priorität.“ Die vorgeschriebene Rezertifizierung von rund 300 Mitarbeitern in Köln/Bonn durch die Bundespolizei sei bereits seit März abgeschlossen.
Arbeitgeber spricht von einem Monatsgehalt auf Polizei-Niveau
Von einer hohen Fluktuation in der Belegschaft könne ebenfalls keine Rede sein. Nur sieben der rund 500 Kötter-Assistenten in Köln sind nach Unternehmensangaben im Laufe des vergangenen Jahres ausgeschieden: eine Quote von nur knapp 1,2 Prozent. In Düsseldorf liege die Fluktuationsquote sogar nur bei knapp einem Prozent. Die geringe Fluktuation bei den Luftsicherheitsassistenten wertet Kötter zudem als Beleg für eine hohe Arbeitsplatzzufriedenheit. Wedekind: „Luftsicherheitsassistenten gehören zu den Spitzenverdienern der Sicherheitsbranche und erzielen mit einem Monatsgehalt von über 3000 Euro brutto das Gehaltsniveau von Polizeibeamten.“