Für klamme Kommunen sind sie häufig die letzte Hoffnung: Spezialsteuern, deren Einnahmen die Gemeinde nicht mit dem Land oder dem Bund teilen muss. In NRW beweisen viele Kommunen ein besonderes Geschick bei der Entwicklung dieser Steuern: Ob Pferde, Sauna oder Sex – besteuert wird fast alles. Doch das Land muss zustimmen.
Düsseldorf.
Beim Erfinden
neuer Steuern beweisen klamme Kommunen Kreativität. Sex-, Sauna-, Solarien-
Katzen- und Pferdesteuern – der Phantasie der Politiker sind offenbar keine
Grenzen gesetzt. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) tritt auf die Bremse. „Wir
dürfen bei neuen Steuern die Schraube nicht überdrehen“, sagte Jäger unserer
Zeitung. Jede neue Kommunalsteuer muss vom Land erst genehmigt werden.
In der
Stadt Meerbusch wird derzeit über die Einführung einer Pferdesteuer diskutiert.
500 bis 750 Euro sollen Pferdebesitzer pro Jahr in die Kasse spülen, weil Wälder
zertrampelt werden. Die CDU im Stadtrat von Porta-Westfalica denkt gar an eine
Katzensteuer von 20 Euro. Inzwischen hat sich der Deutsche Tierschutzbund
eingeschaltet und warnt eindringlich vor einer Katzensteuer. Schließlich wüssten
Tierschützer aus den Erfahrungen der Hundesteuer, dass solche Steuern selten
zweckgebunden verwendet würden und in der Regel lediglich der Aufbesserung der
Kasse dienten.
Offiziell keine neuen Genemigungsanträge für Steuern
Offiziell liegen dem Minister bisher zwar
keine neuen Genehmigungsanträge für Steuerwünsche vor. Grundsätzlich steht den
Kommunen aber laut Gemeindeordnung ein „Steuerfindungsrecht“ zu. Deshalb füllen
Städte wie Köln, Duisburg und Essen mit Genehmigung des Landes über eine
„Bettensteuer“ für Hotelgäste ihre Stadtsäckel. Eine lukrative Sache: Allein in
Köln belaufen sich die Einnahmen auf 16 Millionen Euro im Jahr.
Zwar scheiterte in Essen der Versuch, eine „Bräunungssteuer“
in Solarien einzuführen. Städte wie Oberhausen und Dorsten aber kassieren von
Besitzern der Bordelle und „Clubs“ eine Sexsteuer. Das Verwaltungsgericht
Düsseldorf hatte Klagen von Clubbetreibern aus Oberhausen und Tönisforst mit der
Begründung abgewiesen, dass es sich um eine „rechtlich zulässige Aufwandssteuer“
handele.
In Uni-Städten ist die Zweitwohnungssteuer weit verbreitet
Die in Uni- und Touristenorten inzwischen weit verbreitete
Zweitwohnungssteuer freut nicht nur Kämmerer in Aachen, Köln, Bonn, Dortmund
und Essen. „Der Erfindungsreichtum der Kommunen hat skurrile und bizarre Ausmaße
angenommen“, klagt der FDP-Abgeordnete Kai Abruszat.
Auch außerhalb der
NRW-Landesgrenzen entdecken Kommunalpolitiker täglich neue Geldquellen. Im
Landkreis Dahme-Spreewald (Brandenburg) setzt die Politik auf eine kommunale
Windkraftsteuer, die pro Windrad jährlich mindestens 3000 Euro einspielen soll.
In der Antwort auf eine Anfrage im Landtag beruhigte Innenminister Jäger, dass
bisher kein entsprechender Antrag in NRW vorliegt.
FDP-Politiker Abruszat
sieht in der „Steuererfindungs-Orgie“ der Städte den Ausdruck purer
Verzweifelung über die leeren Kassen. Innenminister Jäger gibt einer Katzen-
oder Pferdesteuer aber kaum Chancen und setzt auf gezielte Nothilfen über den
geplanten Stärkungspakt. „Wir sehen die angespannte Haushaltslage der Kommunen
und helfen nach allen Kräften.“