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Schulen sollen Lehrer mit vielen Krankheits-Tagen melden

Schulen sollen Lehrer mit vielen Krankheits-Tagen melden

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Foto: dpa
Um den hohen Krankenstand von Lehrern in Nordrhein-Westfalen abzufedern, sollen Schulen länger oder häufig krankgeschriebene Lehrer an die vorgesetzten Behörden melden. Erstmals könnte so die genaue Höhe des Krankenstandes ermittelt werden. Den betroffenen Lehrern sollen Gespräche angeboten werden.

Essen. 

Der Landtag will die Fehlzeiten von Lehrern eindämmen, indem Schulen die Krankmeldungen an die Bezirksregierungen weitergeben. Wie eine Sprecherin des Schulministeriums am Montag bestätigte, sollen die Krankschreibungen digital gemeldet werden, damit schneller und zuverlässiger bekannt werde, welche Lehrer häufig ausfallen. In Gesprächen mit den betroffenen Pädagogen soll zudem geklärt werden, was genau bei ihnen im Argen liegt und inwiefern sie Unterstützung brauchen. Voraussetzung ist aber, dass die Hauptpersonalräte aller Schulformen dem Vorhaben zustimmen.

Eine grundsätzliche Verordnung hierzu habe der Landtag bereits beschlossen – trotz der Skepsis einiger Lehrergewerkschaften. Kritisch sehen diese vor allem, dass die stärkere Kontrolle dazu führen könne, Lehrer als „Blaumacher“ über einen Kamm zu scheren. Die Realität sehe anders aus: „Ich höre eher von Lehrern, die angeschlagen in die Schule kommen als von angeblichen Blaumachern“, sagte Brigitte Balbach, Chefin des Verbandes Lehrer NRW, der Rheinischen Post.

Viele Lehrer gehen vorzeitig in den Ruhestand

Mit der neuen Datenkontrolle soll es erstmals möglich werden, die genaue Höhe des Krankenstandes der Lehrer in NRW zu ermitteln. Bisher durften Lehrer-Fehlzeiten aus Datenschutzgründen nicht im Krankenstandsbericht der Regierung erfasst und veröffentlicht werden. Dieses Hindernis sei nun durch eine Verordnungsänderung beseitigt. Eine genaue Auflistung nach Städten oder einzelnen Schulen ist jedoch nicht geplant, wohl aber eine Auflistung nach Schularten. Laut Untersuchungen des Landesrechnungshofs ist der Krankenstand gerade an Schulen in sozial schwierigen Lagen besonders hoch. Es gehe um Gesundheitsförderung, keinesfalls um eine Kontrolle der Lehrer, betonte die Ministeriums-Sprecherin.

Nach Angaben des NRW-Schulministeriums gehen viele Lehrer zudem vorzeitig in den Ruhestand. Nur 34 Prozent der Beschäftigten an öffentlichen Schulen würden derzeit bis zur normalen Pensionsgrenze von 65 Jahren arbeiten. 2012 waren es 38 Prozent. Häufige Gründe für Dienstunfähigkeit waren psychische oder psychosomatische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Burnout.

Auch generelle Statistik zum Unterrichtsausfall soll kommen

Die Kontrolle von Fehlzeiten der Lehrer könnte Teil einer generellen Statistik zum Unterrichtsausfall werden, die Schulministerin Sylvia Löhrmann nun doch wieder einführen will. Die Statistik hatte sie 2010 abgeschafft, weil sie die Daten nicht für aussagekräftig hielt. Der Landesrechnungshof hatte unter anderem festgestellt, dass 5,8 Prozent des Unterrichts in NRW ersatzlos ausfalle.

Kritiker warfen Löhrmann vor, sie verschließe die Augen vor unliebsamen Ergebnissen. Die Statistik zum Unterrichtsausfall soll noch in diesem Jahr wiederkehren, ergänzt um eine Qualitätsanalyse. Diese soll den Ursachen des Unterrichtsausfalls auf den Grund gehen – auch die neuen Daten zum Krankenstand dürften dann eine Rolle spielen.

Gesprächsangebot des Arbeitgebers ist bei längerer Krankheit Pflicht

In NRW unterrichten rund 180.000 Lehrer an mehr als 5000 öffentlichen Schulen – darunter knapp 2900 Grundschulen, 530 Hauptschulen, gut 510 Gymnasien, rund 500 Realschulen und jeweils rund 260 Gesamtschulen und Berufskollegs.

Unabhängig von der geplanten Neuregelung gilt für Lehrer – wie für alle anderen Arbeitnehmer in Deutschland auch: Der Arbeitgeber muss ihnen ein Gespräch anbieten, sofern sie binnen zwölf Monaten sechs Wochen lang – am Stück oder insgesamt – krank waren. Der Pädagoge könne auf ein solches Angebot der Bezirksregierung hin mit Schulleitung oder Schulaufsicht sprechen oder auch ablehnen, erläuterte Löcherbach. An dieser bundesgesetzlichen Bestimmung ändere sich nichts. Auch hier gehe es um die Gesundheit des Beschäftigten. (cho/mit dpa)