Mit einem Positionspapier proben die Liberalen eine „geistige Neugründung“. Die kräftig gerupfte Partei will das Asylthema nicht den Rechtspopulisten von der AfD überlassen und buhlt um Zustimmung bei den Wählern. Dass die Liberalen dabei nach rechts rücken sollen, ist in den Thesen unübersehbar.
Düsseldorf.
Im politischen Überlebenskampf der FDP plant Parteichef Christian Lindner eine „geistige Neugründung“ der Liberalen. Lindners enger Vertrauter Gerhard Papke rührt in einem brisanten Thesenpapier an (sozial-)liberalen Tabus und plädiert für schärfere Einwanderungs- und Asylnormen.
Wer dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland wolle, müsse sich „vorbehaltlos und glaubwürdig“ zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Die Stoßrichtung ist offensichtlich: Die kräftig gerupfte FDP will das Asylthema nicht den Rechtspopulisten von der AfD überlassen.
„Massive Integrationsprobleme“
„Die FDP ist nur erfolgreich, wenn wir Antworten auf Fragen geben, die die Menschen bewegen“, begründet NRW-Landtagsvizepräsident Papke gegenüber dieser Zeitung den gemeinsamen Vorstoß mit dem früheren FDP-Bundestagsabgeordneten Bijan Djir-Sarai. Und kein Thema besorgt die Menschen aus Sicht Papkes derzeit mehr als die „massiven Integrationsprobleme in Deutschland“.
Deshalb müsse klarer werden, dass politische und religiöse Extremisten in Deutschland nicht willkommen seien. Das Asylrecht soll nicht als „unkontrollierter Zugang für Menschen dienen, die in Wahrheit die Werte einer offenen Gesellschaft nicht teilen“, heißt es. „Wir müssen wissen, wer zu uns kommt.“ Ziel ist eine Reform des Ausländerrechts.
Raus aus der Schockstarre
Für die programmatische Neupositionierung der Partei braucht FDP-Chef Lindner den größten Landesverband NRW als Motor der Bundespartei. Die Liberalen wollen nach der Abwahl im Bundestag „raus aus der Schockstarre und rein in die Offensive“, beschreibt Papke die schwierige Lage. Der Lindner-Intimus ist optimistisch, dass sich in der FDP über NRW hinaus eine große Zustimmung für den neuen Zungenschlag finden lässt. Dass die Liberalen ein Stück nach rechts rücken sollen, ist in den zehn Thesen unübersehbar.
So wird aus Sicht der Autoren „die multikulturelle Naivität, dass alle Formen des Andersseins automatisch bereichernde Vielfalt bedeuten, von der Realität eingeholt, in der Islamisten unseren pluralistischen Wertekonsens verächtlich mit Füßen treten“. Habe man Fernsehbilder von religiös oder ethisch motivierten Straßenschlachten bisher nur aus anderen Ländern gekannt, kämen sie jetzt auch aus Städten wie Celle und Hamburg. Zugleich müsse verhindert werden, dass Rechtsradikale und ihre Schlägerbanden die Bedrohung durch den Islamismus für ihre ausländerfeindlichen, undemokratischen Ziele missbrauchten.
Sprachkennrnisse prüfen
Zur besseren Integration von Migranten stellen die Liberalen einen klaren Forderungskatalog auf. Rechtzeitig vor der Einschulung in Deutschland lebender Kinder sollen deren Sprachkenntnisse verpflichtend überprüft werden. Falls diese nicht ausreichen, um dem Schulunterricht folgen zu können, seien obligatorische Sprachkurse nötig. Wer deutscher Staatsbürger werden oder ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland will, muss nach dem Willen der Autoren künftig die deutsche Sprache beherrschen.
Die „wehrhaften Demokraten“ kritisieren Parallelgesellschaften, die sich abschotten, religiöse Intoleranz vermitteln und selbstverständliche Freiheitsrechte wie die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Frage stellen.
Imame im Fokus
Deshalb sollen gemeinsam mit den Islamverbänden Strategien zur besseren Integration der Muslime erarbeitet werden: „Imame, die als Angestellte des türkischen Staates nur für wenige Jahre nach Deutschland entsandt werden und in der Regel weder die Sprache noch die Kultur ihres Gastlandes kennen, können dieser Aufgabe nur eingeschränkt gerecht werden.“
Berichte über eine „Scharia-Polizei“ in Wuppertal, islamische Grillfeste in öffentlichen Parks in Bonn und Bilder von deutschen Islamisten in Syrien sind für die Liberalen Signale, dass Deutschland schlecht vorbereitet ist auf die Bedrohung durch Islamisten. Hier sehen die Liberalen ein Wählerpotenzial, um in letzter Minute den Wiederaufstieg zu schaffen.