In der aktuellen Presseclub-Folge (ARD) wird die Frage „Mehrarbeit statt Vier-Tage-Woche: Booster für die Wirtschaft?“ diskutiert. Es ist das übliche Geplänkel, bis ein empörter Bürger zum Telefon greift und der Journalisten-Runde Feuer unter Hintern macht.
Der ARD-Presseclub ist aus zweierlei Hinsicht eine erfrischende Talkshow. Zum einen sind dort nur Journalisten geladen, was die Diskussion sachlicher macht und keinen Raum für die rhetorischen Tricks und Kniffe der Politiker bietet.
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Wütender Anrufer: „Können nur Leute beschließen, die noch nie körperlich schwer gearbeitet haben“
Zum anderen kommen in dieser Polittalkshow auch Bürger zu Wort. Sie können anrufen und nicht nur Fragen stellen, sondern auch ihre Meinungen kundtun. In der aktuellen Folge gibt – unter anderem – Ralf Taucher aus Cottbus seinen (extrascharfen) Senf dazu. Mit leicht erregter Stimme klagt er an: „Dass die Rente mit 63 wegkommen soll, können doch nur Leute beschließen, die ihr Leben lang noch nie körperlich schwer gearbeitet haben.“
Und weiter wütet Taucher: „Die meisten von meinen Arbeitskollegen schaffen die Rente gar nicht. Es hieß immer, die werden immer älter, was gar nicht so ist.“
Dann kommt Taucher auf seine Frau zu sprechen: „Und wenn ich meine Frau sehe, die arbeitet in der Pflege. Die hat mit 62 Jahren die 45 Jahre voll.“ Er wisse nicht, wie das ablaufen solle, wenn sie bis 67 arbeiten müsse. „Soll sie selber gepflegt werden oder wie stellt sich das die Regierung vor“, fragt Taucher die Journalisten-Runde.
Journalistin: „Nicht das ganze Land ist Dachdecker“
Darauf antwortet die FAZ-Journalistin Julia Löhr: „Ich glaube, dass es klar ist, wenn es besonders körperlich beanspruchte Berufe sind und jemand völlig am Ende ist, will niemand ihn oder sie dazu zwingen bis 67 zu arbeiten.“
„Aber“ – so macht die Wirtschaftsexpertin auch klar – „es gibt ja Abstufungen, nicht das ganze Land ist der berüchtigte Dachdecker.“ Es gebe auch Möglichkeiten, dass man nicht mehr selbst auf das Dach steigen oder in der Pflege am Krankenbett stehen müsse.
So könnten Erfahrene Ausbildungstätigkeiten oder andere Tätigkeiten übernehmen. „Also ich glaube, es gäbe da durchaus Möglichkeiten, die nicht dazu führen, dass er schuften muss, bis er am Ende ist.“
Das große Stichwort sei: Arbeitszeitsouveränität. „Also dass jeder für sich entscheiden kann: Kann ich noch mehr machen oder möchte ich kürzertreten. Aber die zu fördern, die noch mehr können und wollen – das sollte das politische Ziel sein.