Skopje. Der mazedonische Reporter Vlado Taneski fiel durch seine Berichterstattung über den grausamen Tod von mindestens drei Frauen auf – am Ende fiel der Polizei auf, dass er zuviel wusste.
Es gibt Feuerwehrmänner, die Brände legen, um sie anschließend tatkräftig zu löschen. Doch gibt es Journalisten, die Frauen verschleppen, vergewaltigen, ermorden, zerstückeln und in Plastiksäcke stecken, um anschließend über sie als Reporter berichten zu können, direkt vom Tatort des Grauens? Der mazedonische Journalist Vlado Taneski soll drei, mutmaßlich sogar vier Frauen auf diese Weise ermordet haben. Für seine exzellente Berichterstattung wurde Taneski in Mazedonien bereits als “Journalist des Jahres” ausgezeichnet. Er schrieb seit zwanzig Jahren für die älteste mazedonische Tageszeitung, “Nova Makedonija”. Auch zahlreiche andere Blätter des Landes profitierten von seinen “Insider-Berichten” über die Frauenmorde. Das letzte Opfer vor einem Monat war Ljubica Licovska, eine 55jährige, ärmliche Putzfrau aus Kichevo, die im Profil den anderen ermordeten Frauen sehr ähnelte.
Detailliertere Kenntnisse als die Polizei
Die mazedonische Polizei wurde stutzig, als der preisgekrönte Journalist detailliertere Kenntnis über die Mordfälle zu haben schien, als die Ermittler selber. Als die 65jährige Zivana Temelkovska spurlos verschwand, schrieb er in Zeitungsartikeln, dass ein Unbekannter sie gestoppt habe, als sie gerade ein Geschäft verließ. Er habe Temelkovska mitgeteilt, dass ihr Sohn gerade einen Verkehrsunfall überlebt habe und im Krabkenhaus liege, woraufhin sie zu dem Unbekannten ins Auto gestiegen sei – und nie wieder lebend gesehen wurde. Als der Journalist bei einem Gerichtsprozess nun präziser über die Tatereignisse schrieb, als die Gerichtsermittlungen es erlaubten, nahm die Polizei ihn fest. Auf der Anklagebank hatten zwei Jungen gesessen, die der ersten zwei Frauenmorde beschuldigt wurden.
Selbstmord in der Gefängniszelle
Als mögliches Mordmotiv wurde das schlechte Verhältnis Taneskis zu seiner Mutter genannt, die als Putzfrau in einem örtlichen Krankenhaus arbeitete. Die mazedonische Polizei mutmaßte gestern, dass die Morde von einem Polizeiinspektor gedeckt worden sein könnten. Der Journalist wird zur Aufklärung der Fälle allerdings nicht mehr beitragen können. Er habe gestern Selbstmord in der Gefängniszelle begangen, indem er seinen Kopf in einen Eimer Wasser gesteckt habe, erklärte das Innenministerium gestern. Ob das Wasser vergiftet war, wird nun ermittelt. Nah seiner Leiche sei ein Brief gefunden worden. Darin habe Taneski erklärt, er sei stolz auf seine Familie und er sei nicht der Frauenmörder. Die Nachbarn der Familie Taneski hatten Vertrauen zu dem Journalisten. Sie konnten es gestern nicht fassen, dass ein ruhiger, friedvoller Mann mit einer langen Karriere diese Taten begangen haben könnte. “Jeder fragt sich, wie ich mit so einem Menschen leben konnte. Glauben Sie mir, das frage ich mich jetzt selber”, war die erste Reaktion von Taneskis Frau gestern. Sie hatte 31 Jahre mit dem Journalisten zusammen gelebt.