Nach dem Einzug der Piratenpartei in den saarländischen Landtag wird auch ein Erfolg in NRW immer wahrscheinlicher. Profitieren könnten die Piraten dabei vor allem von Nichtwählern. Einen Grund sieht Parteienforscher Gerd Langguth in der hohen Mobilisierung von Protestwählern. Damit könnten sie sich ähnlich etablieren wie die Grünen in den 1980er Jahren.
Essen.
Nach dem Einzug der Piratenpartei in den saarländischen Landtag wird auch ein Erfolg bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen immer wahrscheinlicher. Davon ist Parteienforscher Gerd Langguth von der Uni Bonn überzeugt. Profitieren könnten die Piraten dabei vor allem von ehemaligen Nichtwählern.
Von 0 auf 7,4 Prozent – im Saarland ist der Piratenpartei ein Senkrechtstart gelungen. Und der basiert vor allem auf den Stimmen ehemaliger Nichtwähler. Etwa 8000 frühere Nichtwähler haben die Piraten laut einer Statistik von infratest dimap für die ARD mobilisiert. Das ist ein Viertel aller Stimmen für den Neuling im Landtag in Saarbrücken. Für Parteienforscher Gerd Langguth nicht überraschend. Schon bei der Wahl in Berlin hätten die Piraten vor allem frühere Nichtwähler wieder an die Wahlurne getrieben.
Zwar habe es im Saarland die besondere Situation gegeben, dass eine große Koalition praktisch von vornherein feststand. „Da war die Auswahl für den Wähler gering“, so Langguth. Wer die Koalition nicht wollte, der sei schnell bei den Piraten gelandet. „Die deutsche Gesellschaft ist eine unkonventionelle Gesellschaft geworden“, sagt Langguth. Da passe es gut, wenn mit den Piraten „ein paar frische Gesichter“ in der Politik auftauchten. „Die sind ja auch sympathisch“, so Langguth.
Protestwähler-Potenzial
Hinzu komme, dass die Linkspartei einen guten Teil ihres Protestwähler-Potenzials an die Piraten abgegeben habe. Gut 7000 Linkspartei-Wähler sind nach infratest dimap-Hochrechnungen zu den Piraten übergesprungen. Auch die Linkspartei selbst sieht in den Piraten eine neue Konkurrenz. „Ich glaube, die entscheidende Frage des Wahlerfolgs der Piraten ist der Gestus des Anderen, der großen Transparenz, des Protestes gegen alle Etablierten“, sagte Linken-Chefin Gesine Lötzsch am Dienstag in Berlin. Die Linkspartei müsse sich selbstkritisch die Frage stellen, ob sie nicht manchmal zu seriös oder zu etabliert erscheine.
Auch von allen anderen großen Parteien haben die Piraten im Saarland Stimmen hinzu gewonnen. Hier zeichnen sich aber keine Unterschiede ab. Jeweils 3000 bis 4000 Wähler sind infratest dimap zufolge von CDU, SPD, FDP und Grünen zu den Piraten gewechselt. Eine Gefahr für die Grünen könnte vor allem der Erfolg der Piraten bei jungen Wählern sein, so Gerd Langguth. Die meisten Stimmen erhielten die saarländischen Piraten in der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen.
Gute Chancen in NRW
Doch ist der Erfolg der Piratenpartei nun eine Mode oder kann daraus eine langfristige Etablierung entstehen? „Es ist beides möglich“, sagt Langguth. Für die Landtagswahl in NRW rechnet er mit sehr guten Chancen für einen Einzug der Piraten ins Parlament. „Wenn es schon im ländlich geprägten Saarland klappt, dann erst recht in NRW“, so Langguth. Prognosen sehen die Piraten bei fünf bis sieben Prozent in NRW.
Hannelore Kraft (SPD) dürfte nach Ansicht Langguths übrigens nicht sehr erfreut über den Erfolg der Piraten sein. Denn: „Sie erschweren die Regierungsbildung.“ Schon in bei der Landtagswahl Berlin habe der Stimmenanteil für die Piraten eine rot-grüne Koalition verhindert. Für die CDU sei am ehesten eine schwarz-grüne Koalition drin. Wenn die Piraten den Grünen nicht zu viele Stimmen wegnehmen.
Dass sie sich ähnlich entwickeln könnten wie die frühen Grünen in den 1980er Jahren, hält Langguth durchaus für möglich. Zurzeit würden die Piraten zwar noch nicht wegen ihrer Inhalte gewählt. Doch je länger ihr Erfolg anhalte, desto mehr könnten sie sich auch an die Parlamentsarbeit gewöhnen und an Profil gewinnen. (mit Reuters)