Düsseldorf.
In der NRW-SPD wächst der Widerstand gegen das Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit den USA (TTIP). TTIP-Experte Markus Töns hat den mitgliederstärksten Landesverband der SPD erstmals aufgefordert, sich bei Parteichef und Vizekanzler Sigmar Gabriel für eine „Verhandlungspause“ mit Washington einzusetzen. „Aus meiner Sicht machen die Verhandlungen bei diesem Kenntnisstand und der öffentlichen Debatte keinen Sinn mehr“, sagte Töns der NRZ.
TTIP soll Handelshemmnisse abbauen, um amerikanischen und europäischen Produkten wechselseitig den Marktzugang zu erleichtern. Über die rechtlichen Rahmenbedingungen und Verbraucherschutz-Standards wird seit Jahren heftig gestritten. Der Gelsenkirchener Landtagsabgeordnete ist TTIP-Berichterstatter im Europäischen Ausschuss der Regionen und gilt als Sprachrohr der Landes-SPD beim Thema Freihandelsabkommen. Bislang galt Töns, der 2017 aus Düsseldorf in den Bundestag wechseln will, eher als TTIP-Befürworter.
Der zuletzt öffentlich gewordene Verhandlungsstand habe deutlich gemacht, dass „mehrere rote Linien“ der SPD überschritten werden, sagte Töns. Kritik übte er beispielsweise an „intransparenten Schiedsgerichten“ der Welthandelsorganisation, die in transatlantischen Streitfällen künftig über der örtlichen Gerichtsbarkeit stehen könnten. Nicht hinnehmbar seien auch Regeln, die Parlamenten die weitere Anhebung von Verbraucherschutz-Standards unmöglich machten. Bei genmanipulierten Lebensmitteln dürfe der Schutz der Menschen nicht durch eine juristische Beweislastumkehr ausgehebelt werden.
„In dieser Form ist das Abkommen nicht zustimmungsfähig und hat auch nicht die Akzeptanz der Bevölkerung“, erklärte der Gelsenkirchener und erinnerte an „eindeutige Beschlüsse“ des SPD-Bundesparteitags vom Dezember 2015. Die NRW-SPD hat bislang keine eigene Position zu TTIP entwickelt. Beim bereits ausgehandelten Abkommen der EU mit Kanada (CETA) forderte Töns ebenfalls Nachbesserungen: „Sollte es nicht mehr zu weiteren Verhandlungen kommen, kann CETA aus sozialdemokratischer Sicht nicht zugestimmt werden.“
Auch der Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven, fordert, die Verhandlungen so lange einzufrieren, „bis die Öffentlichkeit im vollen Umfang über den Verhandlungsstand informiert und ein transparentes Verfahren vereinbart ist“.