Was lange dementiert wurde, haben die Fraktionen von SPD und Grünen nun doch beschlossen: NRW erhöht zum 1. Januar die Grunderwerbssteuer. Das spült 400 Millionen Euro zusätzlich in die Landeskasse. Aber auch innerhalb der Koalition wird über die lange weggeschobene Entscheidung gemurrt.
Düsseldorf.
Vor einem Jahr klang der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) noch ziemlich entschlossen, wenn die Sprache auf angebliche Geheimpläne der rot-grünen Landesregierung zur weiteren Erhöhung der Steuern für Immobilienkäufer und Häuslebauer kam. „Das Thema Grunderwerbsteuer steht nicht auf der Agenda des Finanzministeriums“, ließ er seine Sprecherin im November 2013 rundheraus dementieren.
Hartnäckige Vorhalte des Düsseldorfer FDP-Fraktionschefs Christian Lindner, der die Anhebung der Grunderwerbsteuer auf künftig 6,5 Prozent als längst beschlossene Sache kritisierte, tat die Landesregierung lange als politische Rufschädigung ohne sachliche Grundlage ab. Im Laufe des Jahres 2014 formulierte Walter-Borjans dann plötzlich immer weicher. Seine erwarteten Einnahmen basierten auf dem aktuellen Steuersatz von fünf Prozent der Kaufsumme einer Immobilie oder eines Grundstücks, ließ er zuletzt im August umständlich wissen. Aussagen über die Zukunft dieser für das Land so wichtigen Geldquelle verkniff Walter-Borjans sich.
Kein entschlossener Widerstand
Offenbar mit gutem Grund: Am Dienstag beschlossen die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen ansatzlos und ohne vorherige Diskussionen im vorpolitischen Raum die Erhöhung auf 6,5 Prozent ab dem 1. Januar kommenden Jahres. Rot-Grün dreht damit zum zweiten Mal binnen drei Jahren an der selben Steuer-Schraube. Erst im Oktober 2011 war die Grunderwerbsteuer von 3,5 auf fünf Prozent erhöht worden.
Es gab am Dienstag angesichts der Ankündigung Murren und Gegenstimmen in den eigenen Reihen, aber eben keinen entschlossenen Widerstand. Die offizielle rot-grüne Linie lautete: Man habe nie Aussagen über die Grunderwerbsteuer 2015 getroffen und „maßvolle Einnahmeerhöhungen“ nie ausgeschlossen.
Gemeinsam mit Schleswig-Holstein knöpft Nordrhein-Westfalen nun Immobilienkäufern und Häuslebauern fürs Grundstück bundesweit das meiste Geld ab, in Bayern und Sachsen werden dagegen weiterhin nur 3,5 Prozent verlangt.
Opposition schäumt: „Wortbruch“
Die Opposition im Landtag schäumte über den kaum kaschierten „Wortbruch“. FDP-Fraktionschef Lindner beklagte bereits steigende Immobilienpreise und Mieten vor allem in den Ballungszentren: „Jetzt zahlen junge Familien, die sich mit dem Erwerb von Eigentum eine Zukunft aufbauen wollen, den Preis für die finanzpolitischen Versäumnisse von Rot-Grün.“
SPD-Fraktionschef Norbert Römer verteidigte die Steuererhöhung als schmerzhaften, aber notwendigen Schritt auf dem Weg zur Einhaltung der Schuldenbremse 2020. Das Land werde mit den erwarteten Mehreinnahmen von 400 Millionen Euro pro Jahr die Neuverschuldung reduzieren. Der auf die Kommunen entfallene Anteil von vier Siebteln soll zur Ausfinanzierung des Konsolidierungsprogramms Stärkungspakt II verwendet werden.
Seit 2010 sind die Grunderwerbsteuern in NRW bereits um 60 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro gestiegen. Die Einnahmequelle gilt als eine der wenigen Optionen für nennenswerte Steuererhöhungen auf Landesebene. Durch die Verfassungsgerichtspleite bei der Beamtenbesoldung und wegbrechende Unternehmenssteuern hat der rot-grüne Etat Schlagseite. 2015 will das Land neue Kredite in Höhe von 2,25 Milliarden Euro aufnehmen, ursprünglich geplant waren 1,9 Milliarden.