Die Abiturienten an Rhein und Ruhr erreichen im Schnitt „nur“ eine 2,5. In Thüringen ist die Benotung mit 2,16 deutlich besser.
Essen.
Die Abiturienten an Rhein und Ruhr schneiden bei der Abi-Durchschnittsnote relativ schlecht ab. Sie erreichen „nur“ eine 2,5. Inbesondere in den östlichen Bundesländern schaffen die Schüler eine besser benotete Hochschulreife. In Thüringen zum Beispiel kamen die Schüler der Gymnasien, integrierten Gesamtschulen und beruflichen Schulen im Jahr 2013/14 auf einen Abitur-Durchschnitt von 2,16. Abiturienten in Brandenburg haben einen Notenschnitt von 2,31, in Sachsen wurde eine 2,34 erreicht. Unter den West-Ländern schneidet in dieser Statistik Bayern besonders gut ab. Hier liegt der Notenschnitt bei 2,33. Noch hinter Nordrhein-Westfalen liegen Niedersachsen (2,61), Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz (jeweils 2,54).
Trotz der schlechten Platzierung im Ranking gibt es auch in NRW einen Trend zu einer besseren Abi-Durchschnittsnote. Im Jahr 2006 lag sie noch bei 2,66. Bis zum Jahr 2013 wurden die Zensuren immer besser (damals 2,46). 2014 gab es erstmals einen kleinen „Knick“ in dieser Entwicklung auf 2,5.
In NRW schafft heute etwa jeder vierte Abiturient eine Einser-Note, im Jahr 2006 waren es gerade 15 Prozent. In Thüringen erreichen sogar fast 40 Prozent der Abiturienten eine Eins.
Traumnote für 1221 Schüler
1221 Schüler aus NRW freuten sich im vergangenen Jahr die Bestnote 1,0. Neun Abiturienten bestanden das Abi so gerade eben noch mit einem Schnitt von 4,0. Jeweils mehr als 4000 Schüler bekamen die Noten zwischen 2,3 und 3,1.
2,8 Prozent der Geprüften in NRW bestanden das Abitur nicht. Das ist im Vergleich ein guter Wert. Mecklenburg-Vorpommern verbucht hingegen hier den Negativ-Rekord: 6,5 Prozent der Schüler hatten das Abitur nicht bestanden. In Thüringen waren es lediglich 1,9 Prozent.
Den Verdacht, dass in Thüringen Kuschelnoten verteilt werden, wies Bildungsministerin Birgit Klaubert (Linke) zurück. Auch in bundesweiten Studien ohne Notenvergleich hätten Thüringer Schüler in den Vorjahren mehrfach vordere Plätze belegt. Klaubert: „Das Thüringer Schulsystem setzt auf Leistung und belohnt sie auch.“
Bundesweites Zentralabitur ist nicht in Sicht
Immer wieder war der Vergleich der Durchschnittsnoten in die Kritik geraten, weil die Abiturprüfungen in jedem Bundesland unterschiedlich sind. Im Juni beschloss die KMK, dass die Bundesländer ab 2017 auf einen gemeinsamen Aufgabenpool in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch zugreifen können. Die Standards sicherten langfristig ein gemeinsames Leistungsniveau. Ein bundesweites Zentralabitur soll es aber auch in Zukunft nicht geben.
Der Chef des Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, hatte bereits im Sommer eine Entwertung des Abiturs durch zu gute Noten beklagt. Er zweifelt daran, „ob heute noch in vielen Fällen hinter der Studienberechtigung auch eine Studienbefähigung steht“. Manche Landesregierungen unterstützten noch den Trend zu Top-Noten, weil die Einsen als Beleg für gute Bildungspolitik dienen könnten.
Regierung sieht Abitur nicht in der Krise
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in NRW meinte dmals, der Trend zur Spitzennote könnte etwas mit dem Zentralabi in NRW zu tun haben: „Wenn Aufgaben gestellt werden, die möglichst alle bewältigen sollen, dann nivelliert sich der Schwierigkeitsgrad nach unten“, sagte Ilse Führer-Lehner dieser Redaktion.
Die Landesregierung bezweifelt, dass die Reifeprüfung in NRW immer einfacher geworden ist. Von einer Krise des Abiturs könne keine Rede sein. Über die Gründe für den Trend zur besseren Benotung gebe es noch keine wissenschaftliche Untersuchung, allerdings einige plausible Vermutungen. Viele Eltern aus der Baby-Boomer-Generation seien auf eine gute Entwicklung ihrer Kinder bedacht. Und entgegen aller Vorurteile sei die Schülerschaft insgesamt leistungsbereit. Der doppelte Abijahrgang habe den Druck, eine gute Abschlussnote zu erreichen, noch verstärkt, um die Chance auf einen Studienplatz zu wahren.