Eine marokkanische Politikerin, geschieden, islamistisch, will einen Kabinettskollegen heiraten – und seine Zweitfrau werden. Das Land spaltet sich.
Rabat.
Als Marokkos König die Polygamie stark einschränkte, berief er sich auf den Islam: „Gott hat die Vielehe vom islamisch-rechtlichen Standpunkt aus fast unmöglich gemacht“, sagte der Monarch Mohammed VI. vor gut zehn Jahren, als das Familienrecht grundlegend reformiert wurde. Denn es sei für einen Mann kaum möglich, mehrere Gattinnen gleichberechtigt zu behandeln.
Trotzdem diskutieren die Marokkaner jetzt emotional über die Polygamie. Grund sind Heiratspläne zweier Kabinettskollegen, der geschiedenen Soumia Benkhaldoun und des verheirateten Habib Choubani. Beide gehören der gemäßigten islamistischen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) des Premiers Abdelilah Benkirane an. Sie arbeitete bisher als Forschungsministerin und er war zuständig für die Beziehungen zum Parlament.
Oppositionspolitikerin spricht von „Schande“ für marokkanische Frauen
Im Islam darf ein Muslim bis zu vier Frauen heiraten. In Marokko werden weitere Ehen nur in Fällen „höherer Gewalt“ erlaubt, etwa wenn die bisherige Gattin keine Kinder bekommen kann. Sie muss einer weiteren Heirat aber auch erst einmal zustimmen. Inzwischen haben Schätzungen zufolge deshalb in dem nordafrikanischen Land mit rund 33 Millionen Einwohnern weniger als 1000 Männer eine Zweitfrau. Choubanis und Benkhaldouns Hochzeit wäre ein politisches Ausrufezeichen.
Als Oppositionsparteien von der Liebesgeschichte erfuhren, nutzten sie dies für eine Kampagne gegen die Regierung. Der Generalsekretär der nationalistischen Istiqlal, Hamid Chabat, ging mit der Nachricht an die Öffentlichkeit und unkte: „Die Minister interessieren sich mehr für ihr Liebesleben als für das Wohl des Landes.“ Die frühere Gesundheitsministerin und heutige Oppositionelle Yasmina Baddou sprach von einer „Schande“ für die marokkanischen Frauen.
Minister haben Rücktritte eingereicht
Islamistische Parlamentarier verteidigten das Paar. PJD-Fraktionschef Abdellah Boinou sagte, es sei nichts illegal an dem Vorhaben der Beiden. „Wer gegen die Polygamie ist, soll sich für eine Gesetzesänderung einsetzen und nicht einfach andere Leute attackieren.“
Egal, wie die Debatte ausgeht: Für die beiden Minister hat die umstrittene Liebe politische Konsequenzen. Regierungschef Benkirane intervenierte nach einer Vielzahl von Medienberichten und wachsendem Spott. Er bat Benkhaldoun und Choubani, ihre Heiratspläne zu verschieben. Dem stimmten sie auch zu, doch die Diskussionen konnte das nicht stoppen. Inzwischen haben die Minister ihre Rücktritte eingereicht, um Schaden von der Regierung abzuwenden. Der König hat dies akzeptiert. In dieser Woche sollen die Nachfolger vorgestellt werden. (dpa)