Kommt es zum Rechtsruck? „Europa ist brutal herausgefordert bei dieser Europawahl“, sagt EVP-Chef Manfred Weber im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Spitzenkandidat der CSU spricht darüber, wo für ihn und CDU/CSU die Grenze bei der Kooperation mit Populisten ist.
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Dabei wirbt Weber dafür, eine differenzierte Sichtweise zu bewahren und nicht auch die italienische Ministerpräsidentin Georgia Meloni zu verteufeln.
EVP-Vorsitzender Weber vor Europawahl: Sorgen der Menschen ernst nehmen
Ganz klar ist für den EVP-Fraktionsvorsitzenden, dass sich die Rechtsaußen-Parteien gegen die Idee Europas stellen, die auf Kompromissen fußt.
„Wenn Höcke öffentlich sagt: ‚dieses Europa muss sterben‘, dann stehe ich als Christsozialer und Christdemokrat in der Tradition von Konrad Adenauer, Helmut Kohl, Theo Waigel, Franz-Josef Strauß, die Europa über Jahre hinweg mühsam aufgebaut haben, in der ersten Reihe und sage: Ich werde mir von diesen Neonazis mein Europa nicht kaputtmachen lassen.“
Manfred Weber, EVP-Chef
Dennoch müsse man als Politik den Menschen, die rechtsradikale oder populistische Parteien wählen, eine Antwort geben und hinterfragen, was sie umtreibt. Als ein Beispiel nennt Manfred Weber Thyssen-Krupp-Mitarbeiter, die in Konkurrenz stehen zu chinesischem Dumpingstahl und die Sorgen haben, ob sie das Haus für ihre Familie noch weiter finanzieren können. Hier müssten alle Möglichkeiten auf dem Tisch liegen, im Zweifelsfall auch Zölle, um den billigen China-Stahl vom europäischen Markt fernzuhalten, sagt Weber..
Daneben treibe die illegale Migration viele Menschen um. Gelingt es, die Außengrenzen Europas besser zu schützen? „Dieses Versprechen haben einige EU-Staaten in den letzten Jahren nicht halten können, wie sich das alle gewünscht hätten“, bedauert Weber.
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Jüngst sei aber „nach acht Jahren quälender Debatte“ der Migrationspakt im Europäischen Parlament beschlossen worden, hinter dem auch die Regierungschefs von Emmanuel Macron, Olaf Scholz bis Giorgia Meloni stehen. Ein Schritt in die richtige Richtung findet der EU-Parlamentarier. „Wir müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen, dann werden wir auch den Populismus bekämpfen können.“
Kooperation mit rechten Parteien? „Wir Christdemokraten in Europa haben drei Prinzipien“
Doch wie weit ist die Europäische Volkspartei bereit, sich auf rechte Parteien zuzubewegen, um Kompromisse zu finden? Wo ist die rote Linie?
„Für uns als Christdemokraten in Europa gibt es drei fundamentale Prinzipen. Wir werden nur zusammenarbeiten mit Parteien, die proeuropäisch sind, also Europa mitgestalten wollen. Zweitens pro Ukraine sind, also nicht auf Putins Bezahlliste stehen. Und drittens pro Rechtsstaat sind. Diese drei Prinzipien schließt jede Zusammenarbeit mit AfD, mit Le Pen in Frankreich, mit Orban in Ungarn oder mit der PiS-Partei in Polen aus.“
Manfred Weber, EVP-Fraktionsvorsitzender im EU-Parlament
Manfred Weber wirbt deshalb auch bei den Parteien links der Mitte darum, zu differenzieren. So zählt er Giorgia Meloni in Italien und Petr Fiala in Tschechien klar zu „konservativen Regierungschefs“. Mit beiden könne man vernünftig über die Zukunft Europas verhandeln. Der stellvertretende CSU-Vorsitzende warnt: „Alle, die die AfD auf die gleiche Ebene stellen wie Meloni oder Fiala, stärken die AfD.“ Denn die AfD gehöre „zu den Radikalsten unter den Radikalen“ und fordere sogar den Dexit, den Austritt Deutschlands aus der EU.
Doch Pleite für die Populisten? „Ich habe nachdenkliche Wähler erlebt“
Im Interview mit unserer Redaktion zeigt sich Weber wenige Tage vor dem Wahlsonntag zuversichtlich, dass die Populisten und Nationalisten nicht die großen Sieger dieser Europawahl werden.
„Ich habe einen nachdenklichen Europa-Wahlkampf erlebt, der nicht laut war, der nicht stürmisch oder aggressiv war. Ich habe erlebt, dass die Leute nachdenklich waren: Wie geht es weiter mit der Wirtschaft und dem Krieg in der Ukraine?“
Manfred Weber (CSU)
Zumindest für die Wahl in seinem eigenen Bundesland Bayern könnte Weber damit Recht behalten. Bei einer Umfrage des Bayerischen Rundfunks aus dem Mai 2024 gaben 41 Prozent der Befragten an, die CSU wählen zu wollen. Die AfD kam auf 12 Prozent bei diesem Stimmungsbarometer.