Manche nennen Malu Dreyer die „Gute-Laune-Ministerin“, für SPD-Parteifreunde ist Marie Luise, wie sie eigentlich heißt, schlicht die „Königin der Herzen“. Nun könnte die 51-Jährige an die Spitze der rheinland-pfälzischen Landesregierung rücken. Dreyer soll offenbar die Nachfolge Kurt Becks antreten.
Mainz (dapd-rps). Manche nennen Malu Dreyer die „Gute-Laune-Ministerin“, für SPD-Parteifreunde ist Marie Luise, wie sie eigentlich heißt, schlicht die „Königin der Herzen“. Nun könnte die 51-Jährige an die Spitze der rheinland-pfälzischen Landesregierung rücken. Dreyer soll offenbar die Nachfolge Kurt Becks antreten. Im Rennen um den Chefsessel in der Staatskanzlei hätte die Triererin damit die lange gehandelten Kronprinzen hinter sich gelassen.
Dabei hatten die meisten Beobachter die Sozialministerin lange nicht auf der Rechnung – nicht mehr, seit einer Aufsehen erregenden Pressekonferenz im Oktober 2006: Da machte Dreyer öffentlich, was zuvor nur sehr wenige Menschen wussten: dass sie seit ihrem 30. Lebensjahr an Multipler Sklerose (MS) leidet.
Wegen MS-Erkrankung zeitweise im Rollstuhl
Anfangs merkte man ihr die Krankheit nicht an, Mitte des vergangenen Jahrzehnts verstärkten sich die Symptome. Dreyer hat seither Schwierigkeiten beim Gehen und Treppensteigen, gelegentlich nutzt sie einen Rollstuhl. „Das Amt gibt mir Kraft“, erklärte sie bei der besagten Pressekonferenz, und dass sie ihre Aufgabe als Ministerin weiter ohne Einschränkung wahrnehmen werde.
Im März 2002 berief Beck die Mainzer Sozialdezernentin in sein Kabinett. Sie trat damit die Nachfolge Florian Gersters (SPD) an, der an die Spitze der Bundesagentur für Arbeit gewechselt war. Der kühle Gerster und die herzliche Dreyer – deutlicher hätte der Unterschied nicht ausfallen können.
Doch kurze Zeit später drohte der in Neustadt an der Weinstraße geborenen Ministerin mit der sogenante Rodalben-Affäre das Ende ihrer Karriere. Nachdem 2003 zwei Insassen des Jugendheims in dem pfälzischen Ort eine Erzieherin erstochen hatten, erhob die Opposition im Landtag schwere Vorwürfe. Von Versäumnissen bei der Planung des Projekts zur Heimunterbringung straffällig gewordener Jugendlicher war die Rede. Dreyer musste sich einem Untersuchungsausschuss stellen, die CDU forderte ihren Rücktritt – zum ersten und bislang einzigen Mal.
In den folgenden Jahren verschaffte sich Dreyer in ihrem Amt als Arbeits, Sozial- und Gesundheitsministerin durch geräuschlose und effiziente Arbeit Respekt auch beim politischen Gegner. Als erstmals Spekulationen über einen Rücktritt Becks aufkamen, galt Dreyer vielen in der Union rasch als Angstgegnerin Nummer Eins. „Das wäre das Schlimmste, was uns passieren könnte“, räumt ein Vorstandsmitglied der Landes-CDU hinter vorgehaltener Hand ein.
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Nicht zuletzt spricht für Dreyer als neue Ministerpräsidentin, dass sie in ihrem Ressort mit dem Nürburgring-Desaster nichts zu tun hatte und damit auch der CDU hier keine Angriffsfläche bietet. Zudem dürften Dreyers Erfolge als Trierer SPD-Chefin eine Rolle gespielt haben. Bei der Landtagswahl 2006 holte sie im ersten Anlauf das Direktmandat in dem traditionell tiefschwarzen Trierer Wahlkreis – gegen Christoph Böhr, damals Spitzenkandidat der Landes-CDU. Noch im selben Jahr wurde zudem ihr Mann Klaus Jensen, einst Sozialstaatssekretär, als erster Sozialdemokrat zum Trierer Oberbürgermeister gewählt
Bis vor wenigen Wochen rechneten dennoch nur wenige damit, dass Dreyer in das Rennen um die Nachfolge Becks einsteigen würde; sie werde sich den Knochenjob nicht antun, mutmaßten viele. Diesen Mutmaßung machte Dreyer unlängst selbst ein Ende: Auf einer Pressereise – ihrer ersten seit Jahren – machte Dreyer deutlich, dass sie aber auch körperlich anstrengenden Herausforderungen gewachsen ist – ob mit Rollstuhl oder ohne.
dapd
2012-09-28 16:20:47.0