Weniger arbeiten, gleich viel verdienen und dabei noch konzentrierter und motivierter auf der Arbeit sein – das ist für viele deutsche Arbeitnehmer eine Wunschvorstellung. Doch funktioniert das? Wie eine Studie aus Großbritannien zeigt, zumindest in einigen Unternehmen in England. Lässt sich das Modell also auch in Deutschland anwenden?
Die IG Metall will in der kommenden Tarifrunde die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich fordern. „Wir wollen eine echte Entlastung für die Beschäftigten erreichen, ohne dass sie deshalb weniger verdienen“, sagte Verhandlungsführer Knut Giesler der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) am Mittwoch 05. April). Die Linke schließt sich dem Vorstoß an.
Linke unterstützt den Plan der IG Metall
Ein solcher Schritt wäre nach seiner Ansicht nach ein großer Fortschritt für die Lebensqualität und die Gesundheit der Beschäftigten. In der Metallindustrie gilt schon seit Jahrzehnten die 35-Stunden-Woche, die IG Metall fordert nun 32 Stunden. Doch eine Kürzung kommt aus Arbeitgebersicht nicht in Frage.
Nach Ansicht von Gerhard Erdmann vom geschäftsführenden Vorstand des Arbeitgeberverbands Stahl komme die Forderung zur falschen Zeit. In einer Branche mit Drei-Schicht-Betrieb sei eine weitere Arbeitsverdichtung zudem kaum möglich. Für die Unternehmen bedeute eine Vier-Tage-Woche daher schlicht zusätzliche Kosten, die nicht zu schultern seien, da es mehr Personal bräuchte, um die zusätzlichen freien Tage auszugleichen.
Während Arbeitgeber den Plan ablehnen, unterstützt die Linke den Vorschlag der IG Metall. „Die Vier-Tage-Woche ist kein weltfremdes Hirngespinst, sondern in einigen Ländern längst Praxis“, sagte Co-Parteichef Martin Schirdewan der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Erfahrungen aus Schweden, Island oder Belgien zeigten, dass eine Vier-Tage-Woche die Arbeitsbelastung senke und die Produktivität erhöhe. „Sie bedeutet mehr Zeit zum Leben und weniger Stress.“
Linke: „Vier-Tage-Woche auch gut fürs Klima“
Schirdewan sagte, eine Vier-Tage-Woche verringere Fahrten und Energiekosten, das sei auch gut fürs Klima. „Zudem würde eine 4-Tage-Woche Branchen attraktiver machen, die jetzt über Arbeitskräftemangel klagen.“
Doch nach Ansicht des Arbeitsmarktexperten am Institut der deutschen Wirtschaft (IW), Holger Schäfer, sei die Vier-Tage-Woche kein Modell, dass volkswirtschaftlich Probleme löse. „Ganz im Gegenteil, sie werden noch viel größer, weil uns aufgrund der demografischen Entwicklung die Arbeitskräfte immer mehr ausgehen“, mahnt Schäfer im Interview mit dem Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd). Die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer aufgrund des Fachkräftemangels verschärfe diesen zudem noch mehr.
Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, seine Arbeitszeit individuell zu kürzen. Aber: „Man kann ja nicht weniger arbeiten oder weniger produzieren und damit so viel verdienen wie vorher. Das klappt weder individuell noch gesamtwirtschaftlich.“ Denn laut Schäfer gibt es keine Belege dafür, dass die Arbeitszeitverkürzung auch für eine Produktivitätssteigerung verantwortlich ist.
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Auch gebe es bestimmte Branchen und Berufe, in denen das Vier-Tage-Modell unmöglich erscheint: „Pfleger können nicht mehr pflegen innerhalb von vier Tagen, um dann einen Tag freizumachen.“ Der Arbeitsmarktexperte warnt auch davor, eine Verkürzung bei Bürojobs vorzunehmen. Denn: „Wenn Mikropausen dauerhaft wegfallen, erhöht das den Stresslevel und kann krank machen.“