In NRW werden Dutzende neuer Riesen-Mastställe für Hähnchen gebaut. Meist liegen zwei, mancherorts gar drei der gewaltigen Anlagen mit 40.000 Tieren und mehr nebeneinander. NRW-Landwirtschaftsminister Johannes Remmel (Grüne) will gegen die Ställe vorgehen – die Produzenten wehren sich.
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In NRW werden Dutzende neue Riesen-Mastställe für Hähnchen geplant und gebaut. Sie fassen in der Regel 40.000 Tiere. Fast immer liegen zwei, mancherorts sogar drei dieser gewaltigen Mastanlagen nebeneinander. Der Trend zum Mega-Stall ist auch deshalb so groß, weil die Bauern strengere Regeln für die Geflügelmast fürchten. Sie wollen Tatsachen schaffen, bevor die Politik den Bau dieser Anlagen erschwert. Das NRW-Umweltministerium sieht tatsächlich dringenden Handlungsbedarf, Anwohner setzen sich gegen diese Art der Landwirtschaft zur Wehr.
Eine Millionen neue Mastplätze in zwei Jahren
Ein paar Beispiele für die neuen Dimensionen der Geflügelproduktion im Land: Im Kreis Steinfurt hat sich die Zahl der Masthähnchen zwischen 2010 und 2012 um eine Million Tiere erhöht. Im Kreis Borken wurden seit 2010 acht Mega-Ställe genehmigt, zwei Anträge laufen. Im Kreis Soest waren es sieben neue Anlagen. Vor wenigen Tagen erst wurde in Welver ein Tiermastbetrieb beantragt: zwei Ställe, 84 000 Hühner.
„Ohne Medikamente können viele Tiere nicht zur Schlachtreife gebracht werden“
NRW-Landwirtschaftsminister Johannes Remmel (Grüne) will gegen die Riesenställe vorgehen. Er fordert moderne Filter für die Anlagen, um Keime und Gestank nicht in die Umwelt entweichen zu lassen. Er regt an, bundesweit den Tierschutz zu verbessern und „durch die Änderung des Baurechts die Entstehung weiterer Groß- und Megaställe zu verhindern“. Laut Remmel kommen neun von zehn Masthühnern in Kontakt mit Antibiotika. „Ohne massiven Medikamenteneinsatz können viele Tiere überhaupt nicht mehr zur Schlachtreife gebracht werden“, so der Politiker.
Die Produzenten wehren sich gegen Vorwürfe. Nur mit Ställen dieser Größenordnung könne heute noch Geld mit der Hähnchenfleischproduktion verdient werden. „Der Bauer bekommt pro Kilo Lebendgewicht 99 Cent“, sagte Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer NRW dieser Zeitung. Nirgendwo in Europa würden Verbraucher so sehr auf niedrige Preise achten wie in Deutschland. Die Bauern produzierten genau das, was nachgefragt werde.