Eigentlich sollte Jonathan seit über sechs Jahren tot sein. Lediglich neun Monate Lebenserwartung gab man ihm. Doch der Siebenjährige lebt.
In der 28. Schwangerschaftswoche kam er zur Welt, 490 Gramm leicht. Viel zu wenig. Die Diagnose: MOPD Typ 1 – ein Gendeffekt aus dem Kleinwuchsbereich.
Mit sechs Jahren maß Jonathan eine Körpergröße von 82 Zentimetern, sieben Kilogramm Körpergewicht und einen Kopfumfang von 35 Zentimetern – bei vielen Neugeborenen ist er bereits größer.
Jonathan kann sich glücklich schätzen – er hat eine Löwenmutter
So klein und schutzbedürftig Jonathan ist, so laut und kraftvoll tritt seine Mutter auf. Simone Braunsdorf-Kremer gründete nicht nur „Walking with Giants Germany e. V.“ – eine Außenstelle des Dachvereins in Liverpool, der sich um Familien kümmert, die von MOPD Typ 1 und allen anderen Formen von Mikrozephalem Primordialem Kleinwuchs betroffen sind.
Auch erhebt sie ihre Stimme gegen die Politik. Eine Petition hat die 45-Jährige gestartet, zusammen mit Iris Mydlach. Gerichtet an das Gesundheitsministerium von Karl Lauterbach. Darin fordert sie zehn Tage Sonderurlaub. Bereits über 40.000 Menschen haben bei change.org die Petition unterschrieben. Die Bundestagspetition jedoch nur 13.000. Dabei sind 50.000 Unterschriften nötig, um gehört zu werden. Die Petition läuft (nur) noch bis zum Ende des Novembers.
Auch wenn es reichlich finanzielle Hilfen gib, laufen viele Hilfen ins Leere
Auf Nachfrage unserer Redaktion, verweist das Gesundheitsministerium auf andere Maßnahmen, mit denen Eltern pflegebedürftiger Kinder unterstützt werden. Beispielsweise das Pflegegeld, bei dem man je nach Pflegegrad zwischen 316 bis 901 Euro monatlich bekommt.
Daneben bietet der Staat „Familien mit pflegebedürftigen Kindern die sogenannte Verhinderungspflege (bis zu 1.612 Euro/Kalenderjahr, aufstockbar um bis zu 806 Euro aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege auf insgesamt bis zu 2 418 Euro/Kalenderjahr) an“. Sie soll, wie der Name vermuten lässt, dafür verwendet werden können, Pfleger zu bezahlen, wenn die Eltern verhindert sind.
Doch das bringt Jonathans Mutter wenig: „Die Verhinderungspflege kommt bei den Eltern oft nicht an, weil diese nur geltend gemacht werden kann, wenn die Kinder fremdbetreut wurden. Doch bei Terminen beim Arzt oder Sanitätshaus sind oft Entscheidungen der Erziehungsberechtigten zu treffen, die somit zwingend vor Ort sein müssen“. Außerdem könne Jonathan nicht wirklich in fremde Hände gegeben werden, da er aufgrund seiner Behinderung ein sehr schwaches Immunsystem habe, was immer ein Lebensrisiko bedeute.
Doch das Gesundheitsministerium verweist noch auf eine weitere Option: „Wenn eine Pflegesituation akut, also plötzlich und unerwartet, auftritt, haben Beschäftigte das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben.“ Das hat aber ebenfalls einen Haken für Braunsdorf-Kremer, denn „die pflegenden Eltern haben es in der Regel nicht mit einer akut aufgetretenen Pflegesituation zu tun.“ Somit ist auch das eine Hilfe, die ins Leere laufe.