Die Grünen wollen nach der Bundestagswahl einen fleischlosen Tag in Kantinen einführen. Deren Betreiber sehen das Vorhaben eher kritisch. Sie setzen auf die Wahlfreiheit ihrer Kunden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hingegen sagt, ein vegetarischer Tag könne durchaus Sinn machen.
Essen.
Vier Rinder, vier Schafe, zwölf Gänse, 37 Enten, 46 Schweine, 46 Puten und 945 Hühner – so viel Fleisch isst der Durchschnitts-Deutsche laut Fleischatlas der Heinrich-Böll-Stiftung in seinem Leben. Das ist zu viel, finden offenbar die Grünen. Sie wollen nach der Bundestagswahl einen wöchentlichen Vegetarier-Tag in Kantinen einführen.
„Wir bieten jetzt schon vielfältige vegetarische Gerichte“, erklärt Nicole Isermann von L&D, ein Unternehmen, das unter anderem Betriebskantinen in Bundesministerien und Verwaltungen unterhält und täglich rund 35.000 Menschen verpflegt. Vegetarische Speisen würden von den Kunden gut angenommen. „Die Menschen möchten sich aber nicht vorschreiben lassen, wann sie fleischlos essen“, sagt Isermann.
Kunden wollen in der Kantine die Wahlfreiheit
Diese Erfahrung macht das Unternehmen etwa mit dem Veggie Day, an dem es seit zwei Jahren teilnimmt. Donnerstags werden nur vegetarische Gerichte serviert, wenn der Vertragspartner das wünscht. Vor allem Schulen würden dieses Angebot aussuchen. Es gebe aber auch viele Partner, die einen solchen Veggie-Day nicht möchten.
Ähnliche Erfahrungen hat man auch bei Primus Service gemacht. Die Bonner unterhalten unter anderem Betriebsgastronomie und Cafeterien in Krankenhäusern. 5000 Essen koche der Caterer täglich, davon sei rund ein Drittel vegetarisch.
„Ein kompletter vegetarischer Tag ist bei den Gästen nicht auf Begeisterung gestoßen“, sagt Sprecherin Susanne Eisenberg. Das sei aus einer Umfrage des Unternehmens hervorgegangen. Die Kunden würden vielmehr die Möglichkeit begrüßen, zwischen vegetarischen und nicht-vegetarischen Gerichten wählen zu können.
160 Gramm Fleisch und Wurst isst der Durchschnitts-Mann pro Tag
Auch viele ‚Fleisch-Esser’ würden zum vegetarischen Menü greifen, wenn es nach ihren Geschmack sei. „Vegetarische Gerichte sind nicht mehr wegzudenken“, sagt Eisenberg.
Bei der Dussmann Group in Berlin, unter anderem im Bereich Catering und Betriebsgastronomie tätig, sei der Kundenwunsch ausschlaggebend, antwortet Sprecherin Michaela Mehls, auf die Frage, was das Unternehmen von dem Vorschlag der Grünen halte. Dass man täglich eine vegetarisches Gericht im Angebot habe, sei längst Realität. Die Nachfrage nach vegetarischen und veganen Gerichten, aber auch nach regionalen Produkten steige.
Ein Blick auf die Zahlen verrät: Die Deutschen essen mehr Fleisch, als von Ernährungswissenschaftlern empfohlen wird. 160 Gramm Fleisch und Wurst verdrückt ein Mann durchschnittlich, eine Frau 83 Gramm. So geht es aus der Nationalen Verzehrs-Studie II des Max Rubner-Instituts und des Bundesministeriums für Ernährung hervor.
Antje Gahl ist Ernährungswissenschaftlerin und Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Sie sagt mit Blick auf diese Zahlen: „Männer essen fast doppelt so viel wie empfohlen.“ Die DGE rate zu 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche.
Fleisch und Wurst haben Vor- und Nachteile
Ein hoher Fleischkonsum begünstige zum Beispiel die Aufnahme von mehrfach gesättigten Fettsäuren oder Cholesterin. Eine Folge könnten zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Wie bei so vielem gilt auch beim Fleisch: in Maßen genießen. Denn Fleisch ist zugleich Lieferant für hochwertige Eiweiße, Vitamin B oder Eisen.
Würde der deutsche Durchschnittsmann einen Tag pro Woche auf Fleisch und Wurst verzichten, er würde 8,32 Kilogramm im Jahr einsparen. Rein rechnerisch kommt man dann auf circa ein Schwein zehn Jahren.