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In NRW bangen 12.000 Amerikaner ums US-Wahlergebnis

In NRW bangen 12 000 Amerikaner ums US-Wahlergebnis

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Foto: Lars Heidrich / FUNKE Foto Service
Rund 12.000 stimmberechtigte US-Amerikaner leben an Rhein und Ruhr. Vielfach üben sie Kritik an Donald Trump. Zur Wahlparty geht’s zum Mexikaner

Ruhrgebiet. 

Wenn Dirigent Steven Sloane seine Bochumer Symphoniker durch die heutige Probe führt, werden die Gedanken des US-Amerikaners nicht nur bei der Musik sein. Denn in Sloanes Heimat USA öffnen ab den Mittagsstunden deutscher Zeit die ersten Wahllokale: Rund 200 Millionen Amerikaner stimmen dann über ihr neues Regierungsoberhaupt ab.

Der Generalmusikdirektor der Bochumer Symphoniker hofft auf einen Sieg der Demokratin Hillary Clinton gegen den Republikaner Donald Trump: „Jemand so voller Häme und Populismus wie Donald Trump wäre ein Desaster für die ganze Welt.“

Über 110.000 US-Amerikaner leben in Deutschland, in NRW wohnen rund 12.000 über 18-jährige. Obwohl sie nur ein halbes Prozent unter den hiesigen Ausländern ausmachen, ist ihre Meinung dieser Tage äußerst gefragt. Denn wie ihre Landsleute in den USA sind auch die Emigrierten zur Wahl aufgerufen worden. In Gesprächen zeigen sich sie oftmals als Anhänger Clintons.

Die Wahlkämpferin

Auf Stimmenfang sind die beiden großen US-Parteien auch in Deutschland – mit unterschiedlichem Personaleinsatz: Während die „Republicans Overseas“ auf Anfragen nicht reagieren, haben die „Democrats Abroad“ eine emsige Vertretung in NRW. In Duisburg oder beim Kölner Christopher-Street-Day sah man ihre Stände mit Hillary-Masken und Anti-Trump-Plakaten. „Dort animieren wir aber auch, überhaupt zu wählen“, sagt die ehrenamtliche Vorsitzende Beret Roots. Viele hier lebende Amerikaner würden den bürokratischen Aufwand scheuen, beobachtet die 31-Jährige. Sie müssen sich im Heimatstaat registrieren, abgestimmt wird auch per E-Mail.

Roots, Diplom-Psychologin und zuletzt wohnhaft am Niederrhein, ist eine leidenschaftliche Anhängerin Clintons, die sie im Gespräch beim Vornamen nennt. Dass „Hillarys E-Mails“ wiederholt thematisiert wurden, kritisiert Roots als „merkwürdigen Feldzug“ – erzählt ihrerseits von Gerichtsverfahren gegen Trump. Warum Clinton in Deutschland als beliebt gelte? Sie stehe für eine liberale Gesellschaft. „Mir imponiert, wie sie sich für Homosexuelle, Bi- und Transsexuelle einsetzt.“

Der Ingenieur

Auch die NRW-Wirtschaft blickt gespannt auf die Wahl: Die USA sind für das Land die fünftwichtigste Exportnation. In der Rangliste ausländischer Unternehmen im Ruhrgebiet stehen US-Firmen sogar auf Platz drei. Und 1220 NRW-Konzerne verfügen über Niederlassungen in den Vereinigten Staaten – darunter Siemens.

Im Mülheimer Werk arbeitet Darin Fitzpatrick seit zweieinhalb Jahren. Seine größte Sorge? „Dass es kein eindeutiges Ergebnis gibt und juristisch weitergekämpft wird“, sagt der Amerikaner. Er erzählt von Bekannten „aus einem breiten politischen Spektrum“, die sich Argumentationen und Fakten verschließen würden. „Das habe ich so noch nicht erlebt.“ Jede Nachricht im Wahlkampf sei in Facebook-Gruppen in zweierlei Richtung interpretiert worden. „Ich bin froh, dass ich diesen Wahlkampf zu Hause nicht direkt erlebt habe.“

Die Wissenschaftlerin

Die heutige Wahlnacht können Amerikaner bei Partys mit Gästelisten in Köln oder Düsseldorf verfolgen. Die NRW-Demokraten gehen zum Mexikaner, um Trumps Kurs gegen illegale Zuwanderer zu verhöhnen. Öffentliche Wahlnächte, wie sie etwa die Wattenscheider Grünen anbieten, gibt es wenige.

Dozentin Melissa Knox-Raab verfolgt die Wahl live mit Lehrenden und Studenten der Universität Duisburg-Essen. Wer Knox-Raab vorab erlebt, darf auf eine lebendige Diskussion hoffen: Minutenlang kann sich die 57-Jährige über Trumps enge Beziehung zum russischen Präsidenten Putin ärgern, darüber, dass er das Gesundheitsprogramm „Obama Care“ abschaffen wolle, Strafen für Abtreibung angesprochen habe. Gewählt habe sie am frühestmöglichen Termin: „Das war mir ein Anliegen.“

Trump, schließt die Literaturdozentin, eigne sich nicht einmal als Romanfigur: „Als solche müsste er das Potenzial zu Wandel und Entwicklung haben. Das hat er nicht.“