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Harmonie ade – Es knirscht in der rot-grünen Koalition

Harmonie ade – Es knirscht in der rot-grünen Koalition

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Jahresauftakt Kraft und Löhrmann Foto: Archiv/dpa
Breitband-Ausbau, Polizeireform, Marktgesetz – die Konfliktthemen häufen sich. Die Zeit der totalen Harmonie im Düsseldorfer Landtag scheint vorüber.

Düsseldorf. 

Als dieser Tage die SPD-Landtagsfraktion ihr traditionelles Sommerfest beging, schmetterte eine Coverband den Sieger-Hit „An Tagen wie diesen“. Die Parteiprominenz um Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wirkte mit sich im Reinen. Mitten im Gewühl tauchte Mehrdad Mostofizadeh auf. Der neue Fraktionschef der Grünen stattete dem Koalitionspartner den üblichen Höflichkeitsbesuch ab. Doch abseits solcher Gesten scheint sich etwas zu tun im rot-grünen Binnenverhältnis.

Kraft und Löhrmann als „Doppeltes Löhrchen“

Fünf Jahre lang lebten SPD und Grüne eine Harmonie vor, wie sie unter Koalitionspartnern selten ist. Traumatisiert waren beide Parteien durch die rot-grünen Streitkoalitionen bis 2005, geprägt dann durch die Zeit der wackligen Minderheitsregierung bis 2012. Hannelore Kraft und ihre grüne Stellvertreterin Sylvia Löhrmann wurden zu Duz-Freundinnen, zwischenzeitlich gar „Doppeltes Löhrchen“ gerufen. SPD-Fraktionschef Norbert Römer musste launig dementieren: „Nein, wir wollen nicht fusionieren.“ Kaum ein Konflikt drang nach draußen.

Damit ist es seit einigen Wochen vorbei. Zuletzt führten die Grünen erstmals ein Kabinettsmitglied der SPD vor. Wirtschaftsminister Garrelt Duin hatte zwei Jahre lang für ein „Marktgesetz“ geworben, das den Neuwarenverkauf auf Sonntags-Flohmärkten verbieten sollte. Es wurde geprüft, argumentiert, nach gesichtswahrenden Lösungen gesucht. Doch die Grünen blieben stur. Das Gesetz wurde beerdigt, Duin steht blamiert da.

Bei der Polizeireform läuft das Spiel anders herum. Die Grünen wollen seit Jahren einen großen Wurf mit weniger Kreispolizeibehörden, doch SPD-Innenminister Ralf Jäger bremst sie rüde aus. Jäger will keine Großbaustelle bei der Polizei, schon gar nicht vor den Bürgermeister- und Landratswahlen im September. Ein für vergangene Woche vereinbartes Gespräch, bei dem eine gemeinsame Marschroute bis 2017 gefunden werden sollte, wurde abgesagt.

Grüne wollen mehr Landesgeld für schnelles Internet

Kaum besser verhält es sich beim Breitband-Ausbau. Die Grünen wollen das schnelle Internet in ländlichen Gebieten mit mehr Landesgeld fördern. Dazu soll auch das komplizierte Gemeindefinanzierungsgesetz als große Verteilmaschine zwischen allen 396 NRW-Kommunen geändert werden. Spricht man Duin darauf an, verrät seine Mimik, dass „völliger Quatsch“ noch sein freundlichster Kommentar zu den Ideen wäre.

„Wir haben einen guten Konfliktlösungsmechanismus“, versichert Römer, wenn man ihn zum neuesten Knirschen befragt. Bei der jüngsten Entscheidung über den „Landesentwicklungsplan“, der die planerischen Leitlinien in NRW fürs nächste Jahrzehnt formuliert, scheint er nicht gegriffen zu haben. Umweltminister Johannes Remmel stimmte über Nacht einer Aufweichung seiner Flächenverbrauchsziele zu, was in der grünen Fraktion helle Empörung hervorrief. Planungsexperte Herbert Goldmann soll mit Rücktritt gedroht haben.

Seit Mostofizadeh im Frühjahr die Kampfkandidatur um den grünen Fraktionsvorsitz gewann, ist der kleine Koalitionspartner merklich selbstbewusster geworden. Der Essener (46) führt weniger straff als sein Vorgänger Reiner Priggen, lässt mehr diskutieren, will ein „nahbarer Chef“ sein. Rot-Grüne Harmonie ist kein Selbstzweck mehr. Mostofizadeh verkörpert eine gewisse Unberechenbarkeit. Er ist ein Parteilinker, der aber auf Stadtebene schon eine schwarz-grüne Koalition geschmiedet hat. Er hat sein Studium abgebrochen und als Altenpfleger gejobbt, ist inzwischen aber der kundigste Finanzpolitiker der Koalition.

Anspannung vor Bundestagswahl wird größer

„Wir sind jetzt zwei Jahre vor Landtagswahl und Bundestagswahl. Da merkt man schon, dass die Anspannung größer wird“, sagte er neulich. Es sollte wohl heißen: Der rot-grüne Koalitionsvertrag ist abgearbeitet, die Zeit der parteipolitischen Profilierung hat begonnen.