Benedikt wird als Kardinal Ratzinger in Rom bleiben und an seinen Büchern arbeiten. Der Kirchenhistoriker Prof. Hubert Wolf sieht darin eine weise Entscheidung. Denn wäre Benedikt XVI. zurück nach Regensburg gegangen, wäre dort ein Wallfahrstort, ein „Gegenzentrum zu Rom“ entstanden. Im Vatikan wird der Ex-Papst allerdings im Hintergrund bleiben und sich der Autorität seines Nachfolgers beugen.
Essen.
Mit Papst Benedikt XVI. bleibt für ihn stets die „wunderbare Botschaft“ verbunden, dass Glaube und Vernunft vereinbar sind, sagt Hubert Wolf, Kirchenhistoriker der Universität Münster. Als einer der ersten Wissenschaftler der Welt durfte Wolf in den Archiven der Inquisition die Akten über verbotene Schriften erforschen und dem Papst bei einer Privataudienz seine Ergebnisse vorstellen. Dass Benedikt XVI. Gottesglaube und Rationalität versöhnt und den Dialog mit Juden und Muslimen geführt hat, „das bleibt an diesem Pontifikat großartig“, so Wolf.
Doch die Botschaft sei im Leben der Gläubigen nicht angekommen. Für die Menschen seien Themen wie die Ökumene, die Rolle der Frauen in der Kirche, die Heirat von Geschiedenen und die Missbrauchsskandale viel drängender. „Diese Spannung zwischen der christlichen Liebesbotschaft und ganz konkreten Erfahrungen der Menschen aufzuheben, ist in seinem Pontifikat nicht gelungen“, urteilt Wolf.
Wieso kann ein Papst zurücktreten?
„Das Papstamt ist ein kirchliches Amt, das nicht durch eine Weihe verliehen wird, es ist kein Sakrament“, erklärt der Kirchenkenner. Daher könne es auch wieder zurückgegeben werden. Zwar könne auch ein Bischof sein Amt niederlegen, bleibe jedoch ein Bischof, da er geweiht wurde.
Heißt der Papst wieder Ratzinger?
Als Benedikt XVI. wird er eines Tages im Petersdom beerdigt, doch „nach seinem Rücktritt ist er wieder Kardinal“, sagt Wolf. „Er heißt dann Kardinal Ratzinger.“ Aber dafür gebe es keine kirchenrechtlichen Regelungen.
Was wird Benedikt nun tun?
Er hätte nach Regensburg gehen und mit seinem Bruder in seinem Haus leben können. „Doch dann wäre dort ein Wallfahrtsort entstanden, eine Art Gegenzentrum zu Rom.“ Daher habe sich Benedikt entschlossen, sich in ein Klausurkloster im Vatikan zurückzuziehen. „Damit unterstellt er sich der Autorität seines Nachfolgers.“ Benedikt sei nie der große Stratege und Strippenzieher gewesen, sondern ein intellektueller Arbeiter. Wolf: „Er wird das tun, was er schon vor Jahren wollte: Sich zurückziehen und Bücher schreiben.“ Und sich nicht einmischen.
Erhält der Ex-Papst eine Rente?
Darüber müsse sich Benedikt XVI. keine Gedanken machen, glaubt Wolf. Die Tantiemen seiner Bücher fließen in einen Fods für Hilfsprojekte. Aber wie alle Kardinäle werde er von der Kurie eine ausreichende Alimentation erhalten. „Außerdem ist Joseph Ratzinger nicht anspruchsvoll.“
Was passiert mit dem Siegelring?
Der Fischerring dürfte als Symbol seiner Vollmachten am 28. Februar um 20 Uhr, dem Zeitpunkt, an dem sein Rücktritt wirksam wird, in einer Zeremonie zerstört werden.
Wer kann Nachfolger werden?
Das muss das Konklave entscheiden. Der neue Papst kann alle wichtigen Ämter neu besetzen, hat also große Freiheiten für einen Neuanfang, so Wolf. Ob die Kirche jedoch auf Bewahrung und Kontinuität setzt – auch gegen den Zeitgeist, oder neue Antworten auf die Alltagssorgen der Gläubigen geben will, sei offen.
Gab es schon einmal zwei Päpste?
Es hat sogar schon bis zu drei Päpste gleichzeitig gegeben. Von 1378 bis 1417 war die römisch-katholische Kirche tief gespalten – in die Anhänger eines Papstes in Rom und eines so genannten Gegenpapstes in Avignon. Anfang des 15. Jahrhunderts erhoben mit Gregor XII. (Rom), Benedikt XIII. (Avignon) und Johannes XXIII. (Pisa) gleich drei Päpste Anspruch auf den Heiligen Stuhl. Die genaue Zahl der Gegenpäpste ist unklar. Die Schätzungen liegen zwischen 25 und 40. Der Letzte soll Felix V. (1439 bis 1449) gewesen sein.