Bislang ist es noch erlaubt, Fotos von nackten Kindern am Strand zu verbreiten — aber ein Gesetz soll dem einen Riegel vorschieben: Justizminister Heiko Maas will „bloßstellende Bilder“ unter Strafen stellen. Darunter fallen laut Medienberichten auch Fotos von Betrunkenen oder Gewaltopfern.
Berlin.
Nacktbilder von Kindern sollen nach Vorstellung von Justizminister Heiko Maas (SPD) künftig verboten sein – sofern sie heimlich oder gegen den Willen des Kindes gemacht oder verkauft wurden. Das geht aus einem Referentenentwurf des Justizministeriums hervor, der der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Samstag vorlag. Maas hatte seine Vorschläge am Freitag anderen Ministerien zur Abstimmung weitergeleitet.
In Deutschland ist es verboten, kinderpornografische Schriften herzustellen, zu verbreiten oder zu beziehen. Das steht in Paragraf 184b des Strafgesetzbuchs. Maas will in diesen Paragrafen nun ausdrücklich das sogenannte Posing aufnehmen. Geht sein Vorschlag durch, ist es künftig auch strafbar, nackte Kinder in einer unnatürlich geschlechtsbetonten Körperhaltung zu fotografieren – sofern die Aufnahme unbefugt gemacht wird.
Ein Beispiel: Im Internet wird ein Video von einem nackten Mädchen verbreitet. Der heimlich oder gegen den Willen des Mädchens angefertigte Film zeigt zum Beispiel, wie sich das Kind nach einem Spielzeug bückt. In so einem Fall macht sich der Vertreiber des Films strafbar und muss mit drei Monaten bis fünf Jahren Haft rechnen. Ebenfalls strafbar macht sich, wer solche Videos oder Bilder aufnimmt oder sie bezieht.
Maas will Klarheit im Gesetz schaffen
Bislang sind laut Paragraf 184b nur solche Aufnahmen ausdrücklich verboten, die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern zeigen – „Posing“ ist eine Grauzone. Maas will nun Klarheit schaffen. Das ist auch im Sinne von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD). „Die Ministerin begrüßt die Vorschläge des Bundesjustizministers zur Verschärfung der strafrechtlichen Regelungen“, ließ sie am Samstag mitteilen.
Straffrei bleiben sollen nach wie vor Eltern, die ihre nackten Kinder beim Spielen fotografieren – denn diese Aufnahmen geschehen in der Regel nicht unbefugt. „Wir sollten nichts kriminalisieren, was zum Alltag vieler Eltern gehört, wie zum Beispiel das Fotografieren ihrer Kinder am Strand“, hatte Maas bereits früher klargestellt.
Hintergrund der Gesetzesreform ist neben einer EU-Richtlinie, die Deutschland noch umsetzen muss, die Edathy-Affäre. Der SPD-Politiker Sebastian Edathy hatte im Internet Bilder nackter Kinder gekauft. Die Aufnahmen zeigten allerdings keine expliziten sexuellen Handlungen. In der anschließenden Debatte über Kinderpornografie forderten Kritiker, auch Bilder von posierenden Kindern zu verbieten.
Blutende Gewaltopfer vor ungewollter Ablichtung schützen
Maas‘ Eckpunktepapier sieht außerdem vor, dass bloßstellende Aufnahmen und Nacktaufnahmen von Erwachsenen verboten sind. Auch hier gilt: Die Fotos oder Videos müssen unbefugt gemacht worden sein. Wer einen Betrunkenen gegen dessen Willen fotografiert, könnte künftig dafür bestraft werden. Wer seine angeheiterten Freunde mit deren Wissen auf einer Party knipst, dürfte hingegen kein Problem bekommen.
Die fünf wichtigsten Punkte des Gesetzentwurfs
Das sind die fünf wichtigsten Punkte im Referenten-Entwurf für die Gesetzeserweiterung:
„POSING“: Wer kinderpornografische Schriften herstellt, verbreitet oder bezieht, macht sich strafbar. Allerdings ist nicht ganz klar, was eine kinderpornografische Schrift ist. Im Gesetz steht bislang: Aufnahmen, die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern zeigen. Aber was ist mit Fotos und Videos, auf denen Kinder nackt posieren? Das „Posing“ war bislang eine Grauzone. Maas will es nun ins Gesetz schreiben und auch unbefugte Aufnahmen von nackten Kindern in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung verbieten.
BLOSSSTELLENDE AUFNAHMEN: Bloßstellende Bilder oder Nacktaufnahmen sollen nach Maas‘ Plänen unter Strafe stehen – auch wenn es um Erwachsene geht. Voraussetzung: Das Foto oder Video wurde unbefugt gemacht, also heimlich oder gegen den Willen der Aufgenommenen, etwa beim Umziehen am Strand.
VERJÄHRUNG: Wird ein Kind missbraucht, dann beginnt die Verjährungsfrist erst, sobald das Opfer 21 Jahre alt ist. Bei schweren Sexualdelikten hat es 20 Jahre Zeit, um die Straftat anzuzeigen – also bis 41. Danach ist die Tat verjährt, und der Täter kann nur schwer belangt werden. Maas will die Altersgrenze von 21 auf 30 heben. Das Opfer könnte den Täter also noch mit 50 anzeigen.
SCHUTZBEFOHLENE: Missbrauch von Schutzbefohlenen liegt vor, wenn ein Lehrer einen Schüler missbraucht. Maas will den Begriff ausweiten. Schutzbefohlene wären dann auch Schüler von Vertretungslehrern.
PRÄVENTION: Der Minister plant, mehr Geld in die Präventionsarbeit zu stecken. Die Mittel für das Netzwerk „Kein Täter werden“ sollen um 70 Prozent auf 585.000 Euro jährlich steigen. Das Netzwerk bietet Therapien für Pädophile. Sie sollen lernen, mit ihrer Neigung verantwortungsvoll zu leben.