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Gegen Rockerbanden und Organisierte Kriminalität – Jäger will Bordelle kontrollieren

Innenminister Jäger will Bordelle in NRW kontrollieren

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Foto: Knut Vahlensieck
SPD-Innenminister Ralf Jäger fordert schärfere Kontrollen im Rotlichtmilieu. Grund ist zunehmender Menschenhandel. Experten glauben, dass viele dieser rund 650 Prostituierten im Revier zur Arbeit gezwungen werden. Für die deutsche Politik wäre es eine Rolle rückwärts: Vor zehn Jahre hatte Rot-Grün in Berlin die Prostitution legalisiert.

Bielefeld. 

Ralf Jäger, der Landesinnenminister, ist Duisburger Bürger und vertraut mit dem neuen großen Problem, das Ruhrgebietskommunen wie Duisburg, Bochum und Dortmund umtreibt. Prostitution. Konkreter: Prostitution von Frauen aus Bulgarien und Rumänien. Sie sind EU-Bürgerinnen, die einer Beschäftigung nachgehen können, die seit einer Gesetzesänderung 2003 legal ist. Nur: Experten glauben, dass viele dieser rund 650 Prostituierten im Revier zur Arbeit gezwungen werden.

Jäger hat deswegen am Rand des 18. Präventionstages in Bielefeld die Bundesregierung aufgefordert zu handeln. Sie solle die Menschenhandels-Richtlinie der EU endlich umsetzen. „Man muss an diejenigen ran, die diese Prostitution organisieren“, an Rockerbanden und andere Größen der Organisierten Kriminalität. Jäger ist für schärferes Vorgehen gegen die Zuhälter und die Möglichkeit für Ermittler, an deren Telefondaten zu kommen, um ihre Geschäfte aufzudecken. Das immer noch fehlende Gesetz dazu ärgert ihn. „Es ist eine Schutzlücke.“

Von heute auf morgen war Prostitution nicht mehr sittenwidrig

In Berlin ist die verschärfte Be­obachtung der Bordelle durchaus Thema. Denn vor zehn Jahren hatte die rot-grüne Bundesregierung die Prostitution legalisiert. Von heute auf morgen galt sie als nicht mehr „sittenwidrig“. Prostituierte bekamen das Recht, ihren Lohn einzuklagen. Sie konnten auch in die Sozialversicherungen aufgenommen werden. Das sollte die Kriminalität aus den Rotlichtvierteln der Republik hinausdrängen.

Mit vagem Erfolg. Gerade 4000 von 400.000 Prostituierten bundesweit sollen seither einen Arbeitsvertrag bekommen haben. Weit weniger als erwartet. Und die Kriminalität ist, auch entgegen den Erwartungen, laut EU-Angaben nicht gesunken, sondern gestiegen: Die Zahl der Opfer von Menschenhandel habe zwischen 2008 und 2010 um 23.000 zugenommen, heißt es im jüngsten Report aus Brüssel.

Die Bundesregierung ist noch unentschlossen

Weil Christ- und Freidemokraten uneinig sind über die Konsequenzen dieser Entwicklung, gibt sich die Bundesregierung noch vorsichtig: Sie sieht ein „großes Dunkelfeld“, will nicht richtig heraus mit den Zahlen, wie viele Frauen zum Liebesdienst tatsächlich gezwungen werden. Immerhin stellt sie jetzt fest: „Der Anteil von freizügigkeitsberechtigten EU-Bürgern an den Opfern von Menschenhandel hat sich im Verlauf der vergangenen Jahre erhöht.“ Nicht Frauen aus Asien und Afrika werden in die Bordelle und auf den Straßenstrich gezwungen, sondern die aus Osteuropa, Rumänen und Bulgarien.

Wann gibt es Abhilfe? Wie wird diese aussehen? Kommunale Behörden halten sich derzeit aus den Rotlichtvierteln heraus. Bordelle sind keine meldepflichtigen Betriebe. Auch die Hygiene unterliegt keiner besonders herausgehobenen Kontrolle. Das könnte mit einer Meldepflicht anders werden, was zudem Überprüfungen ermöglicht, inwieweit Vorbestrafte in die Branche drängen. Zu einem gesetzgeberischen Handlungsbedarf könne die EU-Menschenhandelsrichtlinie auch bei den Paragrafen des Strafgesetzbuches führen, räumte die Regierung in Berlin schon 2009 ein: Mit höheren Freiheitsstrafen für Menschenhändler und einer Ausweitung dessen, was der Gesetzgeber als „Ausbeutung“ betrachtet: Wer andere auf Betteltouren schickt, könnte sich dann ebenso strafbar machen wie ein Teilnehmer an kriminellem Organhandel.

Die Justizministerin will die Telefondaten schützen

Die schwarz-gelbe Koalition funkt, berichtet das Nachrichtenmagazin „Spiegel“, derzeit Einigungswillen – auch wenn die Zeit bis zur Bundestagswahl nur noch sehr kurz ist. Das scheint sich allerdings nur auf eine verschärfte Bestrafung der Menschenhändler zu beziehen. Längst ist noch kein Konsens bei den Telefondaten in Sicht, wo die liberale Justizministerin eine weitgehende Regelung blockiert. Den NRW-Innenminister macht das wütend: „Frau Leutheusser-Schnarrenberger führt eine Pseudo-Debatte über Bürgerrechte“, schimpfte Ralf Jäger in Bielefeld. Das helfe wirklich nicht weiter.