Vor der letzten Landtagswahl beherrschte die neue Linkspartei die Debatten. Alle Welt wollte vorab von der SPD wissen, ob sie sich mit der neuen Konkurrenz zusammentun könnte und wollte. Zwei Jahre danach muss die Partei wie die FDP um den Einzug ins Landesparlament fürchten.
Düsseldorf.
Es war die meistgestellte Frage – und sie richtete sich an Hannelore Kraft: Wie halten Sie es mit der Linkspartei? Ein rot-rot- grünes Schreckgespenst dominierte vor zwei Jahren den Wahlkampf in NRW.
Geblieben ist davon nichts. Wieder wird an Rhein und Ruhr gewählt, aber der vermeintliche Koalitionspartner von gestern ist kein Machtfaktor mehr. Er kämpft um sein Überleben im Landtag.
Doch es steht noch mehr auf dem Spiel. Der Einzug ins Parlament des größten Bundeslandes mit 5,6 Prozent galt der Linken im Mai 2010 als Beleg, den Durchbruch im Westen geschafft zu haben. Und als klarer Hinweis, dass die aus ostdeutscher PDS und WASG fusionierte Partei in den alten Ländern Fuß gefasst hatte. Daher geht es für die Linke jetzt auch um die gesamtdeutsche Existenzberechtigung.
„Das Ende der Party ist eingeläutet“
Frank-Walter Steinmeier, Chef der SPD-Bundestagsfraktion, sieht bereits „das Ende der Party eingeläutet“. Von den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und NRW erwarte er „das Signal, dass die Linkspartei nach und nach aus den westdeutschen Parlamenten verschwindet“, sagte er der NRZ. Nutznießer dürften nicht zuletzt die Piraten sein. Die junge, unkonventionelle Partei hat Konjunktur und gräbt auch den Linken das Wasser ab.
Führungsquerelen nach dem Rücktritt der Bundesvorsitzenden Gesine Lötzsch haben die Basis zusätzlich verunsichert. „Uns fehlt Rückenwind aus Berlin“, kritisiert Hubertus Zdebel. Noch setzt der Chef der nordrhein-westfälischen Linken seine Hoffnung darauf, dass fast 50 Prozent der Wähler noch unentschlossen seien. „Wir müssen kämpfen“, verlangt Zdebel. Was man so sagt, wenn man in Umfragen bei drei Prozent stagniert.
Berliner Prominenz tourt durchs Land
Um dem drohenden Aus zu entgehen, mobilisiert der Landesverband die Parteiprominenz. Über 30 Auftritte absolvieren Oskar Lafontaine, Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht bis zum 13. Mai in NRW. Ob es hilft? Landtagsfraktionschef Wolfgang Zimmermann, wohl der bekannteste NRW-Linke mit dem Ruf des Pragmatikers, ist an Lungenkrebs erkrankt und fällt im Wahlkampf aus.
Im Landtag musste die Linke von Anfang in einem schwierigen Spannungsfeld agieren. Während eine teils radikalisierte Parteibasis mit unbezahlbaren Milliarden-Forderungen nicht geizte und über „rot-grüne Erpressungsversuche“ schäumte, besetzten SPD und Grüne sicher geglaubtes Territorium der Linken. Sie schafften Studien- und Kita-Gebühren ab, bauten die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst aus.
„Wir können mehr als Parlamentarismus“
Den Ausweg aus ihrem Dilemma suchte die Fraktion, indem sie sich bei wichtigen Abstimmungen immer wieder enthielt. Selbst Zdebel schimpfte, man werde nur noch als „profillose Enthaltungspartei“ wahrgenommen. Zum Schluss mochten SPD und Grüne der Linken nicht einmal mehr 35 Millionen Euro für ihr Lieblingsprojekt Sozialticket zugestehen, um sie als Mehrheitsbeschaffer bei Laune zu halten.
Jetzt präsentiert sich die Linke wieder als Partei, die Rot-Grün antreibt, die „Druck“ macht für höhere Löhne und mehr Kitaplätze. Wer zahlt? „Unsere Schuldenbremse heißt Millionärssteuer“, sagt Spitzenkandidatin Katharina Schwabedissen. Aber auch der Pfarrerstochter schwant, dass es am 13. Mai sehr knapp wird. „Wir können weit mehr als nur Parlamentarismus“, verriet sie vorsorglich den „Aachener Nachrichten“. Schließlich sei die Linke gekommen, „um zu bleiben“.