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Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher ist gestorben

Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher ist gestorben

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genscher~1ec54830-a76b-4082-a3e1-ab86a73bfda1.jpg Foto: Reuters
Der FDP-Politiker und frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher ist tot. Er starb am Freitag im Alter von 89 Jahren bei Bonn.

Der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher ist tot. Das hat das Büro des FDP-Politikers am Freitag in Bonn bestätigt. Demnach sei Genscher bereits am Donnerstagabend im Kreis seiner Familie in seinem Haus in Wachtberg-Pech bei Bonn an Herz-Kreislaufversagen gestorben. Er wurde 89 Jahre alt.

Noch vor einigen Tagen hatte Genscher erklären lassen, er könne aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Beerdigung seines Parteifreunds Guido Westerwelle teilnehmen. Sein Büro hatte mitgeteilt, er sei derzeit „nicht reisefähig, sondern überwiegend bettlägerig“. Er war Anfang des Jahres an der Wirbelsäule operiert worden. Im vergangenen Jahr war er bereits mit einer Lungenentzündung auf der Intensivstation behandelt worden.

Historischer Auftritt 1989 in der deutschen Botschaft in Prag

Hans-Dietrich Genscher wurde 1927 im sachsen-anhaltinischen Reideburg geboren. Der Jurist und Volkswirt trat 1952 in die FDP ein. Von 1969 bis 1974 war Genscher Bundesinnenminister in der sozialliberalen Koalition unter SPD-Bundeskanzler Willy Brandt. Weltweit bekannt wurde Genscher als Außenminister, ein Amt, das er von 1974 bis 1992 fast durchgehend bekleidete. Von 1974 bis 1984 war er außerdem Bundesvorsitzender der FDP.

Genscher, dessen Markenzeichen ein gelber Pullunder war, musste immer wieder mit Gesundheitsproblemen kämpfen. 1992 legte er für viele überraschend mit 65 Jahren seine Ämter nieder. 1998 schied er nach 33 Jahren auch aus dem Bundestag aus.

Wie wenige andere prägte Genscher die Politik der „Bonner Republik“. Im kollektiven Gedächtnis geblieben ist besonders Genschers Auftritt auf dem Balkon der deutschen Botschaft in Prag kurz vor dem Fall der Mauer. Dort verkündete Genscher am Abend des 30. September 1989 Hunderten gestrandeter DDR-Bürger, „dass ihre Ausreise in die Bundesrepublik…“ – der Rest des Satzes ging im Jubel der Menge unter:

Genscher war ein „großer Staatsmann“

Die Bundesregierung würdigte ihn in einer ersten Reaktion als „großen Staatsmann“. Der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter sagte am Freitag in Berlin, Genscher habe wie ganz wenige andere die Geschicke Deutschlands beeinflusst. Er nannte ihn einen großen Europäer und großen Deutschen.

Der amtierende FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte: „Genscher hat Geschichte geschrieben und unser Land geprägt.“

Auch Politiker anderer Parteien haben sich bereits geäußert. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner nennt Genscher einen „der prägendsten Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte“:

Der Außenminister gehörte unter den deutschen Spitzenpolitikern neben Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) zu denen, die die Chancen für eine Wiedervereinigung erkannten und ergriffen. Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer. Genscher sicherte die Einheit bis hin zur Ratifizierung des Zwei-plus-vier-Vertrages außenpolitisch ab.

Bei den ersten gesamtdeutschen Wahlen am 2. Dezember 1990 erlebte Genscher einen weiteren Triumph. Die FDP erreichte Traumergebnisse. In seiner Heimatstadt Halle und in Sachsen-Anhalt, wo er sich nach dem Mauerfall besonders engagierte, wurde er gefeiert wie ein König. Auch nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik meldete sich Genscher häufig zu Wort. Für seine Verdienste wurde er mit zahlreichen Preisen und Ehrendoktorwürden ausgezeichnet. (küp/dpa)