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Ein schlechter Tag für Unternehmer in Südwestfalen

Ein schlechter Tag für Unternehmer in Südwestfalen

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Foto: imago/Belga
Firmen in Südwestfalen befürchten negative Auswirkungen durch den Brexit. Handelskammern ziehen in den nächsten Tagen eine erste Bilanz. Vor allem das einbrechende Pfund bereitet Sorgen.

Hagen. 

Der Brexit wird nach ­Ansicht von Konjunkturexperten Südwestfalen besonders hart treffen. In der Region sind die Unternehmen stark exportorientiert, weit über dem bundesweiten Durchschnitt. Betroffen sind laut Klaus Gräbener, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Siegen, vor allem Branchen wie die Automobilzulieferer, der Maschinenbau und der Anlagenbau.

„In Siegen-Wittgenstein und in Olpe haben wir 300 Unternehmen, die Handelsbeziehungen nach Großbritannien unterhalten. 30 haben dort Niederlassungen“, ­berichtet Gräbener. Das Ausfuhrvolumen für die heimische Wirtschaft beziffert er auf 400 bis 500 Millionen Euro pro Jahr. Die ­Betroffenheit bei den Betrieben sei groß. „Wir werden uns in den nächsten Tagen umhören und eine erste Bilanz ziehen.“ Er ist sich ­sicher, dass die Briten nicht so unvernünftig sein werden, eigene Produktionsstandards einzuführen. Noch wichtiger sei, dass das Pfund nicht dauerhaft an Wert verliere. „Sonst bekommen die exportorientierten Unternehmen aus Südwestfalen ein Problem.“

Andreas Heine von der Kirchhoff Automotive GmbH mit Sitz in Iserlohn warnt vor Panik: „Natürlich ist das ein schlechter Tag für Europa. Es wird nur Verlierer geben.“ Da man Autoteile an Automobilhersteller in der ganzen Welt vertreibe, sieht er kurzfristig keinen Engpass auf das Unternehmen zukommen. „Es wird vor allem die Firmen treffen, die ihre Produkte direkt an Kunden in Großbritannien verkaufen.“ Die Situation seines Werkes in Wales, wo unter anderem Kehrmaschinen produziert werden, werde sich bei niedrigem Pfund „nicht gerade verbessern“. „Dann haben wir dort einen nachhaltigen Wettbewerbsnachteil.“ Von der Entscheidung der Briten ist ­Andreas Heine persönlich enttäuscht: „Am Vorabend habe ich tatsächlich noch gedacht: Es wird gutgehen. Die Briten wählen definitiv den falschen Weg. Nur mit ­Allianzen kann man sich heute noch weltweit behaupten.“

Deutscher Kuchen ist bei den Briten beliebt. Das weiß ­Thomas Trockels, Mitinhaber der Kuchenmeister GmbH aus Soest, aus ­Erfahrung. „Fünf Prozent unseres Umsatzes machen wir in Großbritannien.“ Der niedrige Pfund bereitet dem Geschäftsmann die größten Sorgen. „Gott sei Dank haben wir fixe Wechselkurse für die nächsten sechs Monate mit unseren Kunden ausgemacht.“ Die Verträge würden dem Unternehmen Sicherheit geben. „Danach muss man sehen, was ­geschieht.“ Laut Thomas Trockels müssen die Unternehmer in ­Südwestfalen für die Fehler in Brüssel bluten. „Ich kann die Entscheidung der Briten verstehen, trotzdem bin ich für die EU.“

Bürokratischer Aufwand wächst durch zusätzliche Zollanmeldungen

Frank Herrmann von der Südwestfälischen Handelskammer zu ­Hagen ist sich sicher, dass die zukünftigen Zollanmeldungen zu einem großen Problem für die heimischen Unternehmen werden können. „Der bürokratische Aufwand wird steigen.“

Ob der Brexit letztlich in Südwestfalen Arbeitsplätze gefährdet – diese Frage kann Frank Herrmann nicht beantworten. „Wir werden unsere Unternehmen befragen und die Verhandlungen der Briten mit der EU in Brüssel und Berlin begleiten.“ Die Interessen der Firmen in der Region dürften nicht politischen Interessen geopfert werden. Immerhin sei Großbritannien der drittstärkste Absatzmarkt für Südwestfalen. Eine Rezession in Großbritannien würde sich unmittelbar auf die heimische Wirtschaft auswirken.