Düsseldorf.
Das Opfer des Säureanschlags von Hilden, eine junge Frau, wird für immer durch Narben gezeichnet sein. Das sagten die behandelnden Ärzte und Sachverständige am Montag im Prozess am Düsseldorfer Landgericht. In dem Verfahren müssen sich der 23 Jahre alte Ex-Freund der Frau und dessen mutmaßlicher 19-jähriger Handlanger wegen schwerer Körperverletzung verantworten.
„Nicht so gut“, antwortet Reyhan C. (21) auf die Frage des Richters, wie es ihr geht. Die Verätzungen im Gesicht und am Körper werden sie noch lange belasten, wird am zweiten Tag des Prozesses vor dem Landgericht Düsseldorf gegen die mutmaßlichen Attentäter klar.
Make-up verdeckt die Narben im Gesicht, leichte Rötungen sind am Haaransatz zu sehen. Sie bewegt sich steif, ihr Ohr ist an der Kopfhaut angewachsen. Das Narbengewebe am Hals lässt kaum eine Drehung des Kopfes mehr zu. Eine Halskrause soll weiteres Narbenwachstum verhindern. Als die Zeugenbetreuerin sie ablenkt, lächelt sie. Dann wirkt die angehende Großhandelskauffrau wie eine fröhliche junge Frau.
Wie sie kurz nach der Attacke aussah, zeigen Fotos, die das Gericht an die Wand werfen lässt: Die Schwefelsäure hinterließ Wundflächen auf der Stirn, am Hals bis zur Schulter, auf Dekolleté, Rücken, Oberarm und Oberschenkel: Verätzungen zweiten Grades.
Kompressionsanzug und Gesichtsmaske
Noch ein Jahr wird Reyhan C. einen Kompressionsanzug gegen Narbenwucherungen tragen, dazu nachts eine Gesichtsmaske. In die Sonne darf sie nicht. Hinaus traut sie sich ohnehin nur nach langem Zurechtmachen. Einige Stellen werden verblassen, einige Narben mit Operationen gemildert werden. Aber: „Es werden immer sichtbare Narben bleiben“, sagt ihr Arzt.
Auf die Fotos schaut auch ihr Ex-Freund Serhat K. (23) gebannt, sein Dauerlächeln verschwindet. Sein Freund Alan K. (19) bedeckt die Augen mit der Hand. Er hat zugegeben, das Attentat ausgeführt zu haben. Serhat K. hat zu Prozessbeginn sein Geständnis widerrufen.
Reyhan C. war damals ahnungslos an die Wohnungstür gekommen, wo ein Fremder ihr nuschelnd etwas reichte. Sie ging auf ihn zu, „in dem Moment hat er losgeschüttet.“ Mehrmals habe er ihr die Flüssigkeit entgegen geschleudert, „mit richtigem Hass!“ Sie habe sofort gespürt, wie es brannte, war schreiend in die Wohnung gerannt. „Ich habe gesehen, wie sich alles auflöste.“ Sie riss sich die Kleidung vom Körper, duschte sich das Gesicht ab. Und rief selbst den Notarzt.
„Ich bring’ dich um! Ich schlag dich behindert, bis dich keiner mehr will!“
Wenig später hatte sie Serhat K. in Verdacht. Denn seit über einem Jahr hatte er sie nicht in Ruhe gelassen. Sie hatte sich getrennt, weil er „meine Freiheit total begrenzt hat“. Sie habe nicht ausgehen, nicht mit Männern reden dürfen. Selbst ein Wortwechsel mit dem Mann in der Pommesbude habe gereicht, um bei ihrem damaligen Freund einen Wutausbruch samt Tätlichkeiten auszulösen
Allein habe sie das Haus nur zur Arbeit verlassen dürfen. Als er sie schlug, trennte sie sich. Danach habe er sie bedroht, mit Anrufen und SMS terrorisiert, ihr aufgelauert. Und gedroht: „Ich bring’ dich um! Ich schlag dich behindert, bis dich keiner mehr will!“ Als Stalker war dem jungen Mann bereits gerichtlich verboten, sich der Frau zu nähern.