Der neue Bundesfreiwilligendienst ist ausgebucht. Eine Erfolgsmeldung – dabei wurden im großen Stil Jugendliche zu Bufdis gemacht, die eigentlich ein Freiwilliges Soziales Jahr leisten wollten. Für ihre Arbeitgeber ist das lukrativer, nur für die Betroffenen überwiegen die Nachteile.
Essen.
Die Meldung sorgte für Aufsehen: Alle 35.000 Plätze für den Bundesfreiwilligendienst sollen in diesem Frühjahr besetzt sein. Das Familienministerium feierte den Ersatz des Zivildiensts als Erfolgsmodell. Jetzt zeigt sich: Der Bufdi-Boom hat auch andere Gründe: Soziale Träger haben bestehende Verträge von Bewerbern für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) einfach in einen BFD-Kontrakt umgeschrieben. Nicht immer zum Vorteil der Freiwilligen.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Nordrhein-Westfalen bestätigte der WAZ-Mediengruppe, im vergangenen Sommer 120 bestehende FSJ-Verträge in BFD-Plätze umgewandelt zu haben. „Wohl wissend“, dass die Frage nicht geklärt war, ob der BFD den Freiwilligen ähnliche Vorteile – anerkanntes Praktikum, Anrechnung auf Wartesemester, Anspruch auf Kindergeld – bringe wie das FSJ. Die Änderung sei auch deshalb erfolgt, „weil die FSJ-Plätze vom Familienministerium bundesweit auf 35.000 kontingentiert worden sind“, sagt Wilfried Theißen, Fachbereichsleiter beim Paritätischen. Zudem habe es die Ansage gegeben, dass FSJ-Plätze nur noch gefördert werden, wenn die Träger gleichermaßen die BFD-Stellen bewerben.
Die Träger machten am Anfang nicht mit
Vom Bundesfamilienministerium heißt es dazu, dass einige „große Träger“ den Bundesfreiwilligendienst in seiner Startphase im Sommer 2011 kaum oder gar nicht beworben und stattdessen die bekannteren FSJ-Plätze angeboten hätten. Entsprechend mau war die Nachfrage für den unter Erfolgsdruck stehenden BFD: „Da mussten wir gegensteuern“, so ein Sprecher.
Auch finanziell. Statt der 200 Euro Förderung im Monat pro Platz und Freiwilligen im FSJ erhalten die Träger für einen Bufdi vom Bund inzwischen monatlich 350 Euro. Einen Bildungsgutschein für 100 Euro gab es noch einmal oben drauf. Mit dem Ergebnis, dass der Bundesfreiwilligendienst daraufhin massiv beworben wurde. „Das sind Fördersummen, von denen wir früher nur geträumt haben“, gibt Jürgen Thor von der Diakonie Westfalen-Lippe offen zu. Auch die Diakonie und das Rote Kreuz Nordrhein berichten davon, im Sommer „unter Zugzwang“ gestanden und FSJ-Kandidaten beeinflusst zu haben, damit sie sich für einen BFD-Vertrag entscheiden.
Jugendliche wurden überrumpelt
Die Leidtragenden in diesem Hin-und-Her sind die Freiwilligen wie Theresa Jenter: „Mein Vertrag ist einfach umgeschrieben worden. Auf eine Widerspruchsmöglichkeit bin ich nicht hingewiesen worden. Bei anderen betrug die Einspruchsfrist nur vier Tage“, empört sich die 20 Jahre alte Oberhausenerin, die sich bewusst für das Freiwillige Soziale Jahr an einer Förderschule beworben hatte. Auch wenn die Rahmenbedingungen für FSJ und BFD nahezu identisch sind, gibt es Frust bei den „Zwangsbufdis“: „Zwar soll seit Dezember das Kindergeld rückwirkend ausgezahlt werden, aber angekommen ist bis jetzt noch nichts.“