15 Rathauschefs und Landräte treffen sich gern in vertraulicher Runde. Ab heute nennt sich das „Kommunalrat“ und bekommt einen offiziellen Anstrich.
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Wer stellt eigentlich die Weichen für das Ruhrgebiet? Macht und Einfluss teilen sich viele Akteure: die Räte natürlich, die Rathauschefs, Dezernenten und Verwaltungen, Parteien. Außerdem gibt es da noch den Regionalverband Ruhr (RVR) und sein Ruhrparlament, in dem Politiker aus der ganzen Region sitzen. War es das? Mitnichten. Denn es gibt eine einflussreiche Runde, von deren Existenz so gut wie kein Bürger weiß. 15 Männer, die sich regelmäßig treffen, um zu beraten, was gut ist fürs Ruhrgebiet und was nicht.
Mitglieder dieses „geheimen Clubs“ sind die Oberbürgermeister und Landräte des Reviers. In der illustren Gesellschaft, die sich mehrmals im Jahr trifft, wird gestritten, gelacht – und natürlich Politik gemacht. Im September schickte die Runde einen „Brandbrief“ an Angela Merkel und Hannelore Kraft, weil sie sich in der Flüchtlingskrise allein gelassen fühlte. Im Moment reden die Herren oft über die Zukunft der Revierparks. Den Plan, mehrere Parks in einer Gesellschaft zu fusionieren, finden nicht alle gut, aber einige: „Es besteht mehrheitlich die Auffassung, dass die Verschmelzung umgesetzt werden soll“, heißt es im Protokoll der letzten Sitzung, das der WAZ vorliegt. Und es wird darüber geklagt, dass die Städte zu wenig Informationen zur Flüchtlingskrise von Polizei, Bundeswehr und Bezirksregierung bekämen.
Freischwebend wie ein Vogel
Diese Gesellschaft, intern „HVB-Runde“ genannt (HVB heißt „Hauptverwaltungsbeamte“), ist nicht jedem geheuer. Im Ruhrparlament und im RVR war zuletzt viel von einem „freischwebenden Gremium“ die Rede, das es „einzufangen“ gelte.
Heute wird es eingefangen. Die bisher recht lockere Runde soll ein offizielles Etikett und einen neuen Namen erhalten: „Kommunalrat“. Er wird in den RVR integriert und bekommt eine eigene Geschäftsstelle. Zu den 15 Herren gesellt sich als „beratendes Mitglied“ eine Dame: RVR-Direktorin Karola Geiß-Netthöfel. Die ist ab sofort immer dabei. Bisher musste sie darauf hoffen, eingeladen zu werden. „Ziel war es, die HVB-Runde besser in die Verbandspolitik einzubinden“, erklärt Geiß-Netthöfel.
Der Kommunalrat will sich aber nach wie vor nicht tief in die Karten schauen lassen. Er hat sich selbst in seine Geschäftsordnung geschrieben, dass er weiter viermal im Jahr hinter verschlossenen Türen tagen darf. „Die Sitzungen des Kommunalrates sollen nicht-öffentlich stattfinden“, so steht es ausdrücklich im Protokoll. Rechtlich geprüft und in Ordnung sei dies. Nach den Treffen werde es Informationen über die Beratungsergebnisse geben.
Gegen diese 15 geht nichts
Der Politikprofessor Ulrich von Alemann (Uni Düsseldorf) könnte sich das auch anders vorstellen: „Der Kommunalrat ist ein offizielles Gremium, daher wäre das Zulassen der Öffentlichkeit durchaus zu rechtfertigen“, findet er. Räte und Ausschüsse teilten ihre Sitzungen ja in einen öffentlichen und einen nicht-öffentlichen Teil ein. Das wäre wohl auch bei der Oberbürgermeister-Runde denkbar.
Der Verwaltungsrechtler Johannes Dietlein (Uni Düsseldorf) sagt hingegen: „Eine Sitzungsöffentlichkeit ist im Gesetz nicht vorgegeben. Insofern wird der Kommunalrat autonom bestimmen können, ob er öffentlich tagt oder nicht. Da er nur beratende Funktion hat, ist das unter demokratischen Aspekten hinnehmbar.“
Dass der Kommunalrat, wie sein Vorgänger, nicht nur beraten, sondern auch wirken will, daran besteht kein Zweifel. „Wenn sich alle 15 bei einem Thema einig sind, führt an ihnen kein Weg vorbei“, sagt ein Beobachter. Und Themen gibt es reichlich: die Radautobahn, Revierparks, Flüchtlinge, Zusammenarbeit zwischen Städten . . .