Abstürzende Drohnen, unwirtschaftliche Bestellungen – Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat neuen Ärger. Doch so schnell wird Bundeskanzlerin Angela Merkel ihn nicht fallen lassen. Beide kennen sich schon recht lange – und die Kanzlerin braucht loyale Untergebene.
Berlin.
Es vergeht inzwischen kaum ein Tag, an dem Thomas de Maizière (CDU) nicht mit seiner eigenen Verteidigung beschäftigt ist. Sein Ministerium wies Berichte zurück, dass die Soldaten länger im Einsatz sind und weniger Ruhepausen haben als vorgesehen; dass die Zahl der Freiwilligen der Bundeswehr sinkt; und der Bundestag unkorrekt über Verluste von Drohnen unterrichtet worden sei.
Am Samstag erneuerte die SPD ihre Kritik am Ankauf von Hubschraubern. Statt der geplanten 202 Geräte hatte die Bundeswehr nur noch 139 Exemplare von Eurocopter erworben. Die Kosten sanken gerade mal von 10,3 auf 10,1 Milliarden Euro. Ein „lausiger Deal“, befand der SPD-Wehrexperte Hans-Peter Bartels. Und gestern wurde der interne Ärger über ein Scharfschützen-Gewehr bekannt, das nicht funktionierte. Die schlechten Nachrichten reißen nicht ab.
Steinmeier findet de Maizières Ausrede „nicht glaubwürdig“
Der vorläufige Höhepunkt steht am Mittwoch an. Dann wird ein Untersuchungsausschuss gebildet, um den „Euro-Hawk“-Skandal aufzuklären. Die Beschaffung der Drohne ist schief gelaufen. „Hunderte Millionen Euro wurden in den Sand gesetzt“, erklärte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Politisch trage dafür der zuständige Minister die Verantwortung, sagte er. „Obwohl ich ihn als Mensch schätze, verstehe ich nicht seine Verteidigungslinie.“ Dass de Maizière sich darauf zurückziehe, vor dem 13. Mai 2013 nichts gewusst zu haben, „widerspricht der Lebenserfahrung“. Auch die Ausrede, vielleicht sei das Fiasko Flurgespräch gewesen, aber der Minister nicht offiziell informiert worden, sei „nicht glaubwürdig“. Steinmeier: „Wenn er früher als behauptet von den Problemen gewusst hat, muss er die Konsequenzen ziehen.“
Erst ahnungslos, dann arglos und demnächst das Amt los? Kanzlerin Angela Merkel kann unsentimental sein. Das hat die Entlassung von Umweltminister Norbert Röttgen gezeigt. Doch de Maizière ist nicht irgendein Minister.
Merkel und de Maizière kennen sich seit 1989
Merkel und de Maizière kennen sich seit 1989. Er war bei der Westberliner CDU aktiv, sie beim „Demokratischen Aufbruch“ in der DDR. Er empfahl sie für das Presseamt der Regierung seines Vetters Lothar de Maizière. Sie versuchte zwei Mal, ihn als CDU-Generalsekretär zu gewinnen.
Als Merkel 2005 die Regierung der Großen Koalition bildete, klingelte sie Samstagmorgen bei ihm an, damals in Dresden. „Ich möchte Dich als Chef des Kanzleramts.“ Er folgte ihr, übernahm den Vertrauensposten in der Schaltzentrale der Regierung, wechselte vier Jahre später ins Innenministerium. Er war dort gerade voller Tatendrang gestartet, als Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zurücktrat. Wieder sollte de Maizière einspringen. Diesmal versuchte er, Merkel das Angebot auszureden. „Die Bundeskanzlerin hat aber anders entschieden“, sagte er in einem Interviewbuch, „dann habe ich mich selbstverständlich gefügt.“
Weil auf ihn Verlass ist, weil sie seine Loyalität und Effizienz schätzt, wird sie ihn nicht fallen lassen. Der „Spiegel“ berichtete neulich, wie sie bei FDP-Chef Philipp Rösler vorstellig wurde, als dessen Generalsekretär Patrick Döring den Minister kritisiert hatte. Was denn in Döring gefahren sei, wollte sie laut „Spiegel“ wissen.