Knapp 800.000 Deutsche sind promoviert – geht es nach dem Willen der Opposition im Bundestag, dann dürfen sie aber ihren Doktortitel bald nicht mehr im Personalausweis tragen. Die bisherige Praxis sei ein „Fehlanreiz für Titelhuberei“, finden zum Beispiel die Grünen.
Berlin.
Akademische Titel haben nach Ansicht der Grünen in Ausweisen nichts zu suchen. Sie haben im Bundestag beantragt, den Doktorgrad im Passgesetz zu streichen. Die bisherige Praxis sei ein „Fehlanreiz für Titelhuberei“, sagte der Grünen-Abgeordnete Kai Gehring der WAZ am Donnerstag in Berlin. Nach Einschätzung des Innenministeriums sind die Doktorgrade „zur Identifizierung einer Person nicht notwendig“.
Im Zuge der Einführung von biometrischen Daten in den Reisedokumenten hatte das Ministerium schon 2006/07 versucht, den „Dr.“ aus den Papieren zu tilgen. Doch legte sich der Bundesrat quer, vor allem Thüringen und Bayern. Der Bundestag folgte letztlich den Ländern aus „Rücksicht auf die deutschsprachige Kulturtradition“, wie es hieß.
792.000 Deutsche sind promoviert
Nun dreht sich die Stimmung: Die Opposition ist geschlossen für eine Änderung, auch Konsequenz aus vielen Plagiatsaffären. Bislang wird der Titel – auf Wunsch – in den Ausweispapieren vermerkt. Laut Statistischem Bundesamt sind 792 000 Bundesbürger promoviert (Stand: 2010).
„Der Doktor ist rechtlich weder Titel noch Namensbestandteil“, sagte Gehring. Er sei vielmehr ein akademischer Grad und Qualifikationsnachweis in der Wissenschaft, vergleichbar dem Diplom-Ingenieur (Dipl.Ing.), Master (M.A.) oder Magister (Mag.). Er habe im Reisepass „nichts verloren“, dürfe nicht für „persönliche Eitelkeiten“ genutzt werden. Die bisherige Praxis sei international unüblich.
Innenministerium sieht keine Bedenken gegen die Streichung
Ein Verzicht würde überdies den Verwaltungsaufwand reduzieren und sei „im Sinne eines weiteren Bürokratieabbaus“, bestätigt das Innenministerium. Aus fachlicher Sicht bestünden „keine Bedenken gegen eine Streichung“, so ein Sprecher.
Die CDU hingegen ist gegen eine Streichung des Titels. Die überwältigende Mehrheit der Doktoranden promoviere „nicht aus Statusgründen“, betonte der CDU-Abgeordnete Tankred Schipanski im Bundestag.