Düsseldorf.
Gestern fehlte Dieter Hilser bei der SPD-Fraktionssitzung im Landtag. Der Essener Parteichef war lokal gefordert. Am Vorabend hatte Oberbürgermeister Reinhard Paß die Genossen mit der Ansage enttäuscht, dass er nun doch bis mindestens Ende 2015 im Amt bleibt, und Hilsers Terminplanung gleich an mehreren Stellen durchkreuzt. Selbst öffentlich machten führende Parteifreunde aus ihrer Kritik kein Hehl. Sie hatten gehofft, dass sich der OB schon im Mai 2014 zeitgleich mit dem Rat der vorgezogenen Neuwahl stellt.
Eine rot-grüne Korrektur im Gesetz hat kommunalpolitisch NRW kräftig aufgemischt. Bis 30. November müssen sich Rathaus-Chefs und Landräte in den Kreisen erklären, ob sie ihre sechsjährige Amtszeit erfüllen oder vorzeitig abtreten, um wieder anzutreten – bei der Kommunalwahl 2014. Im Hintergrund ziehen Parteistrategen seit Monaten die Strippen, versuchen Risiken zu begrenzen und Brüche zu vermeiden. Das funktioniert nicht immer – siehe Essen.
Es spart Geld
Noch gibt es keine Übersicht, wie viele Hauptverwaltungsbeamte in NRW die Übergangsregelung nutzen. Es sind keine Einzelfälle. In Bottrop will OB Bernd Tischler seine Amtszeit um ein Jahr verkürzen und am 25. Mai erneut kandidieren. So verfahren auch Gladbecks Bürgermeister Ulrich Roland oder Michael Makiolla, Landrat im Kreis Unna. Mit Bergkamens Bürgermeister Roland Schäfer tritt auch der Vorsitzende des Städte- und Gemeindebunds vorzeitig ab, ebenso wie Städtetags-Chef Norbert Bude, OB in Mönchengladbach.
Warum das alles? Mit der Reform hat der Landtag ein Gesetz der Regierung Rüttgers korrigiert und die Wahl von Bürgermeistern und Räten wieder auf einen Tag gelegt. Um sie 2020 landesweit gemeinsam bestimmen zu können, werden die Räte 2014 einmalig für sechs Jahre gewählt und die Wahl der Bürgermeister 2015 auf fünf Jahre verkürzt. Mit der Sonder-Regelung, auch die Bürgermeister schon 2014 wählen zu lassen, können die Kommunen ihre Termine bereits jetzt synchronisieren.
Der Verzicht auf einen Wahltermin spart Bürokratie und Geld – in Bottrop zum Beispiel 140 000 Euro. Einige Amtsträger entschieden sich schnell zum vorzeitigen Rückzug. Dazu zählt Daniel Zimmermann, der vor vier Jahren landesweit Aufsehen erregte, als ihm in Monheim als Kandidat der Jugendpartei „Peto“ der Sprung an die Rathaus-Spitze gelang. Ihm werden auch bei seiner erneuten Kandidatur in einem halben Jahr beste Chancen eingeräumt.
Gerade in den großen Revier-Städten entwickeln Amtsinhaber starke Beharrungskräfte. In Oberhausen zieht OB Klaus Wehling bis Herbst 2015 durch, ohne dass sein Entschluss in der lokalen SPD ein ähnliches Theater auslöste wie in Essen. „Ich bleibe bis 2015 im Amt“, erklärte auch seine Bochumer Amtskollegin Ottilie Scholz im Rat. Dies sei ihre „persönliche Entscheidung“, die zumindest parteiintern kontrovers diskutiert wurde.
Rückenwind durch bessere Beteiligung
Die Motive sind von Stadt zu Stadt unterschiedlich. Wer im Mai mit der Ratswahl kandidiert, erhofft sich Rückenwind durch eine bessere Beteiligung, heißt es beim Städte- und Gemeindebund. Als die Bürgermeister in NRW 2009 erstmals in einer Solowahl bestimmt wurden, gingen mancherorts gerade einmal 30 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen. Natürlich loten Parteien und Bewerber vor Ort genau aus, welcher Termin den meisten Erfolg verspricht und wie die Konkurrenz aufgestellt ist. Nur: Pensionsansprüche büßt kein Kandidat ein, egal wie er sich entscheidet.
Es gibt auch Exoten unter den Rathaus-Chefs, die den Schacher um die Macht recht entspannt verfolgen können. Dortmunds OB Ulrich Sierau etwa, der sich erst vor drei Jahren neu zur Wahl gestellt hatte, amtiert mindestens bis 2016. Und in Duisburg kann sich Sören Link, der erst vergangenes Jahr für den abgewählten Adolf Sauerland ins Amt kam, bis 2017 mit seinem Wahlkampf noch viel Zeit lassen.