Eigentlich schien die Cannabis-Legalisierung in trockenen Tüchern. Noch vor Weihnachten hatte die Ampel geplant, das neue Gesetz zu verabschieden. Doch weil einige Fraktionsmitglieder angekündigt hatten, gegen den Entwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu stimmen, hat die Fraktionsspitze das Thema wieder von der Tagesordnung genommen. Diese Neuigkeiten sind wenige Tage alt als der Bundesparteitag der SPD in Berlin startet.
Auf dem Parkplatz vor dem Veranstaltungsort findet eine Demo statt. Etwa 40 Leute stehen um einige Zelte und zwei Feuerschalen herum. Sie protestieren gegen die SPD, die sie für das Scheitern des Gesetzes verantwortlich machen.
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Cannabis-Demo vor SPD-Parteitag
Unter Ihnen ist auch Steffen Geyer, einer der Anführer der deutschen Legalisierungsbewegung für Cannabis. Er verteilt Sticker und Schokolade. Unserer Redaktion berichtet er, dass er bereits über 20 Jahre für die Legalisierung von Cannabis kämpft. Er ist Vorsitzender des Dachverbands Deutscher Cannabis Social Clubs und SPD-Mitglied. Von seiner Partei, vor dessen Parteitag er demonstriert, sei er enttäuscht, so Geyer.
„Mir geht es darum, dass das schlechteste Cannabis-Gesetz aller Zeiten dann wenigstens umgesetzt wird“, berichtet er. Geyer würde Cannabis so wie Tabak regeln. „Das muss einfach ins Jugendschutzgesetz und in die Arbeitsschutzverordnung rein und dann ist gut“. Dass die SPD das Cannabis-Gesetz auf Eis gelegt hat, versteht Geyer nicht. Er glaubt aber zu wissen warum. „Es ist halt keine schöne Geschichte, wenn man sagen muss, wir haben als Partei dieses Jahr so wenig gebacken gekriegt – wenn wir jetzt das Cannabis Gesetz fertig machen, dann werden wir dieses Jahr nur mit dem Cannabis-Gesetz verknüpft.“
Abgeordneter wird bei SPD-Parteitag deutlich: „Ampel hat viele Hoffnungen enttäuscht“
Er selbst war als Sachverständiger im Bundestag, berichtet Geyer. „Da habe ich versucht den Abgeordneten zu erklären, dass die Kartoffel viel giftiger ist als Cannabis. Aber niemand würde von einem Bauern verlangen, seine Kartoffeln einzuzäunen“.
Kiffen statt Kartoffel
Die Vorbehalte gegenüber Cannabis kann Geyer aber schon verstehen. Vor allem bei Leuten, die keine Erfahrungen damit gemacht haben, erklärt er. Man müsse als Konsument Cannabis besser erklären. „Sie sind ja seit 50 Jahren stigmatisiert. Wenn ein Arzt, ein Anwalt oder ein Lehrer in der Öffentlichkeit mit Cannabis gesehen werden, ist die Karriere vorbei.“
„Wir kommen als Gesellschaft sehr gut damit klar, Cannabis zu legalisieren. Wir müssen nur den politischen Mut dazu finden.“ Geyer rechnet Anfang nächsten Jahres mit der Verabschiedung des Gesetzes. „Gestern bei der Eröffnung des Parteitags hat der SPD-Vorsitzende gleich im ersten Nebensatz gefragt, ob alle am Vorabend schön gesoffen haben“. Geyer wünscht sich, dass im nächsten SPD-Parteitag gesagt wird: „Na, habt ihr gestern schön einen durchgezogen?“