Soldaten fragen sich, warum beim Truppenabzug der Bundeswehr aus Afghanistan so viel Material zerstört werden muss. Doch oft ist der Restwert geringer als der Versand nach Deutschland. Außerdem verbietet ein Abkommen mit den USA, technische Geräte zu verschenken oder zu verkaufen.
Berlin.
Viele Soldaten stören sich daran, dass die Bundeswehr beim Abzug aus Afghanistan Material zerstört und verbrennt, statt es zu verschenken, zu verkaufen oder zu nutzen. Der Wehrbeauftragte trat längst auf den Plan, die Organisation Abgeordnetenwatch.de stellte Fragen. Bevor sich die vereinzelte Kritik zu einem Skandal ausweiten konnte, stellte die Truppe ein Schrottprotokoll ins Internet. So nutzen die Kämpfer des Kommandos Spezialkräfte alte Tankbehälter für Schießübungen.
Rücktransport kostet acht Euro pro Kilo pro Flugstunde
Zivile Fahrzeuge werden verkauft, Waffen und Munition zerstört, nach Deutschland zurücktransportiert oder kontrolliert der afghanischen Armee überlassen. Aber es fiel im Laufe der über zehnjährigen Mission auch eine Unmenge an sonstigem Material an: Container, Geschirr, Möbel, Zelte, Heizgeräte, Elektronik, Werkzeug, einfach Gebrauchsgegenstände. Die Bundeswehr kam ins Gerede, weil in etlichen Fällen offensichtlich gut erhaltenes Gerät vernichtet wurde.
Ein Ärgernis war für Soldaten zum Beispiel, dass Navigationsgeräte wie Computer geschreddert wurden, ein Feuerwehrauto ausgeschlachtet und Kleidung verbrannt wurde. Das sei ihm von den Soldaten „als belastend beschrieben worden“, erzählte der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus.
Die „Alles-muss-raus-Aktion“ war schnell vorbei
Im Camp in Masar-i Scharif stellte die Armee eine spezielle Schleuse auf. Hier wird Material geprüft, desinfiziert, verpackt und geladen, jede Woche 30 Fahrzeuge und 2250 Artikel. Es muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob der Restwert einer Ware noch in einem vertretbaren Verhältnis zu den Transportkosten steht. Die sind hoch. Faustformel: Acht Euro pro Kilo pro Flugstunde. Schlaf- und Rucksäcke werden zurückgeschickt, Zeltplanen oft verbrannt.
Digitaluhren und GPS-Geräte, Typ Garmin, wurden verschrottet. Die US-Armee hatte die Navigationsgeräte der Bundeswehr unter der Bedingung überlassen, dass sie am Ende der Mission zerstört werden. Einige Kameras wurden den afghanischen Sicherheitskräften geschenkt, ältere Laptops und Drucker aber wiederum zerstört. Zum Teil hat man Material den eigenen Soldaten verkauft, bis einige zu einem Trick griffen. Sie kauften für wenig Geld zum Beispiel einen Schlafsack und gingen damit umgehend zu ihrer Materialausgabe und reklamierten neue Ware. Als der Missbrauch ruchbar wurde, war die Alles-muss-raus-Aktion schnell vorbei.