Christian Lindner sorgte mit der Äußerung, er sähe „einen ganz klaren Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Kinderarmut“ für Aufregung. Die These, dass vor allem Kinder mit Migrationshintergrund aus Bürgergeld-Familien kommen, wird nicht nur von Sozialverbänden scharf kritisiert.
Auch die anderen Parteien beanstanden das Verhalten des Finanzministers. Die Ursache bei sozialen Missständen bei der Immigration zu verorten, das ist eine Methode, die man eigentlich aus einer ganz anderen politischen Richtung erwarten würde.
Lindner: Statistik nicht verstanden
Mit dem ersten Blick auf die Statistiken des Bundesamts für Arbeit, könnte man Lindner tatsächlich zustimmen. Die Zahl der Kinder mit einem deutschen Pass, deren Familien Bürgergeld (früher Hartz IV) beziehen, sank von 1,37 Millionen im Dezember 2010 auf 939.000 im März 2023. So die Agentur für Arbeit.
In der gleichen Zeit stieg die Zahl der Empfängergemeinschaften bei Kindern mit Migrationsgeschichte von 304.000 auf 903.000 an. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD hervor. Diese Zahlen lassen sich mit der erhöhten Einwanderung aufgrund der Fluchtbewegungen 2015 und 2022 begründen.
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Tatsächlich sind Kinder mit deutschem Pass aber nicht weniger arm als 2010, sie tauchen einfach nicht mehr in der Statistik auf. Das liegt daran, dass die Armutsgefährdung am sogenannten mittleren Einkommen festgemacht wird. Dieses ist seit 2010 gesunken. Ein Grund dafür ist, dass Menschen nach Deutschland kamen, die noch weniger Geld haben, als die bereits in Deutschland lebenden. Wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat, gilt als armutsgefährdet. Viele Kinder mit deutschem Pass sind also einfach aus der Statistik gefallen, ohne dass sie einen Cent mehr besäßen.
Bürgergeld: Als wären die Kinder es nicht wert
Die Migration hat also keinen direkten Effekt auf die Kinderarmut. Migrantenfamilien haben oft, vor allem kurz nach dem Eintreffen in Deutschland, weniger Geld. Deswegen sind auch ihre Kinder von Armut bedroht. Das liegt oft daran, dass Menschen, die beispielsweise nach Deutschland geflohen sind, ihre Habseligkeiten in der Heimat zurücklassen mussten. Außerdem wird ihre Ausbildung hier oft nicht anerkannt und der bürokratische Prozess, bis sie überhaupt arbeiten dürfen, zieht sich lange hin. Dieser Zusammenhang taucht in Lindners These allerdings nicht auf.
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Von SPD, Grünen und Linken erntete der Finanzminister scharfe Kritik für seine These. Die Sozialministerin in Schleswig-Holstein, Aminata Touré, nannte die Äußerung Lindners, dass das Problem der Armut nur Kinder mit Migrationshintergrund betreffe „maximal schäbig“. Was er damit eigentlich aussage, erklärt sie weiter: „Es betrifft ja sowieso nur Kinder mit Migrationshintergrund, also wollen wir es uns nochmal zweimal überlegen, ob wir das Geld wirklich in die Hand nehmen“, sagte sie auf Instagram. „Als wären die Kinder es nicht wert.“
Touré erwarte sich von dem Bundesfinanzminister mehr Logik. „Es sind Kinder, die hier leben, die hier wahrscheinlich auch aufwachsen werden“, gab sie zu bedenken. In die Zukunft dieser Kinder zu investieren, scheint deswegen nur logisch.