Zum Jahreswechsel soll es kommen, das Bürgergeld. Die Sozialreform soll Hartz 4 ablösen und neben höheren Regelsätzen auch bessere Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten bieten. Vielen reichen diese Aussichten nicht.
Sozialverbände fordern mehr Geld und die Bundesagentur für Arbeit (BA) zweifelt an einem pünktlichen Start. Zu der Kritik mischt sich jetzt die Stimme einer Jobcenter-Mitarbeiterin, die von „Focus Online“ interviewt wurde.
Bürgergeld: Lohnt sich Arbeiten noch?
Das von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) geplante Bürgergeld soll für Erwachsene im Monat 502 Euro bereithalten. Direkt zu Beginn äußerte der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) Kritik. Die Sozialleistung schaffe falsche Anreize für Geringverdiener: „Denn es sorgt für Demotivation bei denjenigen, die mit einem geringen Gehalt regulär arbeiten“, meinte Hans Peter Wollseifer, Präsident des ZDH, gegenüber der „Rheinischen Post„.
Weiter sagte er: „Viele fragen sich, warum soll ich morgens um 7 Uhr schon arbeiten, wenn derjenige, der das Bürgergeld bezieht, fast das Gleiche bekommt.“ Nicht-Arbeiten lohne sich mehr als Arbeiten.
Auch eine Jobcenter-Mitarbeiterin schließt sich dieser Meinung zu großen Teilen an. In einem Interview mit „Focus“ nennt sie ihre Kritikpunkte, möchte aber aus Sorge um berufliche Nachteile nicht namentlich genannt werden.
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Bürgergeld: „Bei Vollzeitstelle bleibt nicht viel übrig“
Direkt zu Beginn macht diese klar: „Persönlich bin ich gegen die Einführung des Bürgergelds.“ Aufgrund steigender Preise lohne es sich doch für den Normalverdiener immer weniger, jeden Morgen aufzustehen und in die Arbeit zu gehen, mahnt die Mitarbeiterin. Sie stellt folgende Rechnung an: „Mit zwölf Euro Mindestlohn pro Stunde bekommt man bei einer Vollzeitstelle 1400 Euro netto im Monat. Zieht man davon Miete und Heizung ab, bleibt nicht mehr viel übrig.“ Laut der Mitarbeiterin rentiere sich ein Mini-Job plus Aufstocken mehr. Was sie jedoch nicht erwähnt: Ein möglicher Anspruch auf Wohngeld!
Dass Arbeiten sich trotzdem lohnt, macht ein BA-Sprecher gegenüber „Focus“ deutlich. Denn Arbeit habe zuerst eine soziale Funktion und ermögliche die gesellschaftliche Teilhabe. Auch enthalte es Anreize zur Arbeitsaufnahme. „Beispielsweise haben die Leistungsberechtigten durch die höheren Freibeträge beim Einkommen insgesamt höheres Einkommen zur Verfügung: Das ist eine ganz klare Motivation.“
Mehr dazu: Bürgergeld: Hunderte Euro mehr – warum es Quatsch ist, dass sich arbeiten nicht mehr lohnt
Bürgergeld: Was kommt am 01. Januar?
Christiane Schönefeld, Finanzvorständin der Bundesagentur für Arbeit, betonte nun ihre Zweifel an einer pünktlichen Umsetzung in der „Rheinischen Post„: „Wir werden das nicht alles zum 1. Januar umsetzen können.“ Die höheren Regelsätze seien davon aber ausgenommen, stellte Schönefeld klar.
Auch die anonyme Mitarbeiterin bekräftigte gegenüber „Focus“, dass es in ihrem Jobcenter intern noch keine Informationen zum Bürgergeld gegeben habe. Gemeinsam mit weiteren Kollegen soll diese den Wechsel begleiten und neue Anträge bearbeiten. „Ich gehe davon aus, dass die Hälfte der Bewohner unserer Stadt im Januar einen Leistungsantrag stellen wird“, sagte sie.