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Hartz 4: Ist das Bürgergeld wirklich gerechter? Expertin schlägt Alarm: „Gaga-Diskussion!“

Nächstes Jahr wird Hartz 4 Geschichte sein. Das Bürgergeld kommt. Doch ist das wirklich ein gerechter Systemwechsel? Pro und Contra im Überblick!

Hartz 4: Ist das Bürgergeld ein echter Systemwechsel?
© IMAGO / Christian Ohde

Das ist das neue Bürgergeld

Nach der Einigung im Vermittlungsausschuss haben Bundestag und Bundesrat die Einführung des Bürgergelds beschlossen. Damit kann die neue Grundsicherung für Langzeitarbeitslose wie geplant zum 1. Januar in Kraft treten.

Zum Jahreswechsel soll sie kommen, die „größte Sozialreform“ der letzten 20 Jahre. Lange haben sich Ampel-Koalition und Opposition gestritten, bis sie sich auf das neue Bürgergeld einigen konnten – dem Nachfolger von Hartz 4.

Hartz 4 ist ab dem 01. Januar 2023 Geschichte. Doch ist das wirkliche ein gerechter Systemwechsel oder lediglich ein Kompromiss?

Hartz 4: Bürgergeld bietet höhere Regelsätze

Das Bürgergeld soll für die Bezieher vor allem bessere Möglichkeiten beinhalten. Um die steigenden Kosten abzufedern und die Inflation auszugleichen hat die Bundesregierung unter anderem auch höhere Regelsätze beschlossen. Zum Jahreswechsel gibt es 53 Euro mehr als noch bei der Sozialleistung Hartz 4.

„Nicht nur die 53 Euro kommen oben drauf, auch die Weiterqualifizierung wird viel mehr gefördert als es vorher der Fall war – wenn du eine Weiterbildung machen würdest, würdest du jeden Monat 150 Euro auf deinen Regelsatz oben drauf kriegen“, betonte Annika Klose (SPD) in dem ZDF-YouTube-Format „13 Fragen“. Die Unterstützung anzunehmen, die man angeboten bekomme, sei ein großer Fortschritt, so das SPD-Mitglied.

Hartz 4: Reichen die Bedarfe aus?

Der Regelsatz des neuen Bürgergelds wird durch verschiedene Bedarfe berechnet. Für nächstes Jahr stehen den Beziehern so beispielsweise 174,19 Euro für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren, 41,65 Euro für Bekleidung und Schuhe sowie 45,02 Euro für Verkehr zur Verfügung.

Olaf Basilon ist seit 20 Jahren auf Hartz 4 angewiesen, er beklagt sich in der ZDF-Runde, dass sich durch das Bürgergeld für ihn nichts ändere, außer, dass er 50 Euro mehr bekomme. „Ich kann einmal im Monat meine Mutter besuchen und dann ist das Fahrtgeld weg“, betont der Hartz-4-Empfänger. Und auch das 49-Euro-Ticket, der Nachfolger des erfolgreichen 9-Euro-Tickets, ist für Hartz-4- und künftig auch für Bürgergeld-Bezieher unbezahlbar.

Strom wird im nächsten Jahr mit 40,74 Euro bedacht. Aber auch das sei zu wenig. „Ich zahle jetzt schon 45 Euro, ab 01. Januar 65 Euro – das ist weltfremd“, empört sich Basilon. Auch Helena Steinhaus, Gründerin von Sanktionsfrei, mahnt: „Die Kosten für Strom sind utopisch gestiegen, der Bedarf für Strom dafür allerdings nicht!“ So würden sich die Menschen immer mehr verschulden. Mit einem festen Regelsatz von 725 Euro würde das nicht passieren. „Man ist den Menschen nicht wirklich entgegen gekommen“, empört sich Steinhaus. Nach Ansicht Basilons würde mit der Berechnung des Regelsatzes rumgeschummelt: „Ich hab 155 Euro für Lebensmittel im Monat, das reicht nicht, davon wird der Kühlschrank nicht voll.“

Hartz 4: Gelingt mit dem neuen Bürgergeld ein gerechter Systemwechsel?

Jasmin Arbabian-Vogel leitete unter anderem ein Unternehmen im Bereich Altenpflege und sieht in der Hartz-4-Nachfolge keinen Systemwechsel. „Gerecht ist, wenn man Arbeitslosigkeit überwindet und das passiere nicht mit dem neuen Bürgergeld-Gesetz“, betont die Unternehmerin im ZDF-Talk.

„40 Prozent aller Arbeitslosen sind langzeitarbeitslos, das sind richtig viele Menschen, die sind seit zwei Jahren und verfestigt nicht in Arbeit, das muss viel eher unser Problem sein, als drei Prozent Sanktionierungen , das ist einfach eine Gaga-Diskussion“, betont Arbabian-Vogel. Mehreren Berechnungen zufolge kooperieren rund 97 Prozent mit dem Jobcenter. Die Unternehmerin ist sich sicher: „Es braucht eine Kümmerer-Struktur, eine bessere Vermittlung in Jobs!“

Auch Steinhaus betont: „Es gibt keinen Nachweis, dass Sanktionen wirklich nachhaltig etwas bringen, aber sie bringen Menschen in echte Existenzängste.“ Man müsse überlegen wie man an die Menschen rankomme und nicht wie man sie bestrafe.

Hartz 4: Ist das Bürgergeld die größte Sozialreform? „Das ist Fake“

Wird das neue Bürgergeld also wirklich eine gerechte Alternative zum alten Hartz-4-System sein? „Es ist immer noch die größte Sozialreform der letzten 20 Jahre und mit dem Bürgergeld schaffen wir auch wirklich einen Abschied von Hartz 4“, betonte SPD-Mitglied Klose. Menschen würde dadurch mit mehr „Respekt, Würde und auf Augenhöhe“ begegnet werden.


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Die Gründerin von Sanktionsfrei sieht das entschieden anders: „Es hätte die größte Sozialreform werden können, wenn der Regelsatz wesentlich höher ausgefallen wäre, die Sanktionen komplett abgeschafft worden wären und wenn die tatsächlichen Wohn- und Stromkosten übernommen würden.“ Das sei lediglich „Kosmetik an einem System, das marode ist.“ An allen Ecken und Enden fehle es im Regelsatz – „so kann keine wirkliche Reform der Grundsicherung aussehen, das ist Fake!“