Die Sozialleistung Bürgergeld ist eines der größten Streitthemen im Land: Setzt der Hartz-4-Nachfolger falsche Anreize, wie es Oppositionsführer Friedrich Merz meint? Oder ist die aufgeregte Debatte überzogen, wie es aus linker Ecke zu hören ist?
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Die Zeitung „Welt“ meint nun den „zentralen Fehler des Bürgergeldes“ ausgemacht zu haben.
Hunderttausende Aufstocker beim Bürgergeld
Das Blatt bezieht sich dabei auf die rund 810.000 Aufstocker. Viele davon alleinerziehende Frauen. Sie sind nicht arbeitslos, verdienen aber so wenig, dass sie ihr Einkommen mit Bürgergeld aufstocken müssen. Dieses größte Problem sei nun, dass es sich für viele Betroffene finanziell praktisch nicht lohne, von Teilzeit- in Vollzeit-Beschäftigung zu wechseln.
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Die „Welt“ zitiert hierzu Michael Hüther, Chef des Instituts der Deutschen Wirtschaft: „Ein Bürgergeld-Aufstocker beispielsweise, der zum Mindestlohn in einem Minijob arbeitet und seine Arbeitszeit auf Vollzeit ausdehnt, hat pro zusätzlich gearbeiteter Stunde nur zwei Euro mehr in der Tasche.“
Ampel plant nächste Reform – aber die hängt fest
Und hier sind wir wieder beim Thema der mutmaßlich mangelhaften finanziellen Anreize vom Bürgergeld-Bezug wieder ins (Vollzeit-)Erwerbsleben zu wechseln.
Im Gespräch mit der „Welt“ erklärt FDP-Sozialpolitiker Jens Teutrine: „Wir beraten in der Koalition zurzeit darüber, wann ein zweites Bürgergeldgesetz kommt und wie dieses aussieht.“ Er setzt darauf, dass das Bürgergeld noch in dieser Legislaturperiode angepasst wird. „Die Erwerbsanreize müssen klar gestärkt und die Hinzuverdienstgrenzen geändert werden.“
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Debatte um 15 Euro Mindestlohn: Mehr Anreiz für Bürgergeld-Bezieher
Der Mindestlohn wiederum wird Anfang 2025 um 41 Cent auf dann 12,82 Euro steigen. Von SPD, Grünen, Linkspartei und BSW gibt es die Forderung, dass der Mindestlohn höher ansteigen müsste, auch um die Anreize für Bürgergeld-Empfänger zu schaffen. Die Forderungen von 15 Euro Mindestlohn werden lauter. Auch Kanzler Scholz pocht auf einen Sprung auf 15 Euro: „Ich bin klar dafür, den Mindestlohn erst auf 14 Euro, dann im nächsten Schritt auf 15 Euro anzuheben“, sagte er nun dem „Stern“. Die Arbeitgeber-Seite in der Mindestlohn-Kommission hatte einen höheren Anstieg verhindert.