Klare Meinung von einem, der sich auskennt: Der Jobcenter-Chef der Städteregion Aachen spricht über das im Bundestag beschlossene Bürgergeld, das nun im Bundesrat auf der Kippe steht. Aus Sicht von Stefan Graaf braucht es die Reform dringend.
Der Jobcenter-Geschäftsführer aus NRW räumt außerdem mit einigen Klischees und manchen Irrglauben in Bezug auf Hartz 4 bzw. dem Bürgergeld auf.
Jobcenter-Chef über Bürgergeld-Reform: „Die Unmotivierten sind Einzelfälle“
In einem Gastbeitrag auf „t-online.de“ nimmt Graaf eine eindeutige Position ein: Dass Hartz-4-Bezieher faul seien, sei ein gängiges Klischee, aber eben falsch. „Ich kann nur sagen: Die Unmotivierten sind Einzelfälle, nicht die Mehrzahl“, schreibt er.
Zwar sei die Hartz-4-Reform seinerzeit 2005 besser gewesen als ihr Ruf, nun sei eine Überarbeitung hin zum Bürgergeld aber angebracht. Die Leistung stamme „aus der Zeit der Massenarbeitslosigkeit“, heute jedoch sei die Lage eine ganz andere. „Viele Menschen können sich die Arbeit aussuchen, sind nicht mehr auf das erstbeste Angebot angewiesen. Die, die keine Arbeit finden, haben meist andere Probleme.“
Anderer Fokus beim Bürgergeld nötig
Zwei Drittel der Empfänger von Grundsicherung hätten keine abgeschlossene Berufsausbildung. Deshalb sei es richtig, mit dem Bürgergeld den Fokus auf die Aus- und Weiterbildung zu legen und nicht auf die schnelle Vermittlung in den nächstbesten Job. Auch mit dem Anreiz einer Weiterbildungsprämie von 150 Euro monatlich.
Positiv sei auch die Entfristung des sozialen Arbeitsmarktes, findet der Jobcenter-Leiter. Gerade Menschen mit psychosozialen Einschränkungen könnten so mit Coaching an die Arbeitswelt herangeführt und integriert werden.
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Bisheriger Regelsatz zu niedrig?
Was die Höhe des Regelsatzes angeht, der beim Bürgergeld auf 502 Euro für Alleinstehende steigen soll, hat Graaf im Gastbeitrag auf t-online.de auch eine eindeutige Position. Die bisherigen 449 würden „bei vielen vorne nicht hinten nicht mehr reichen“. Die Tafeln würden schließlich auch schon Alarm schlagen.