Hagen.
Die Berufskollegs in NRW fühlen sich von der Landesregierung im Stich gelassen. Der Streit entzündet sich am Abbau von 500 Lehrerstellen bis zum Jahr 2015. Rot-Grün begründet diesen Verzicht auf Lehrer mit der Erwartung, dass künftig viel weniger Schüler als bisher in Ausbildungs-„Warteschleifen“ festhängen oder ihre Lehre abbrechen werden. Durch die zu erwartende Rendite aus der „präventiven Sozialpolitik“ werde sich die Schülerzahl an den Berufskollegs verringern, erklärte das NRW-Schulministerium.
Der Verband der Berufskolleg-Lehrer in NRW wertet das als Frontalangriff. „Unsere Schulen werden schon lange systematisch benachteiligt“, sagte Verbands-Vorsitzender Wilhelm Schröder. „Man nimmt uns heute schon Lehrer weg, obwohl es diese „Rendite“ noch gar nicht gibt und niemand weiß, ob sie funktioniert. Man macht also den zweiten Schritt vor dem ersten.“ Heute schon, so Schröder, hätten die Kollegs rund 1400 Lehrer-Stellen zu wenig, um ihren wichtigen Auftrag zu erfüllen.
Zu den Aufgaben der Berufskollegs gehört auch die Ausbildung von Lehrlingen in der Berufsschule. „Deutschland wirbt in ganz Europa für das erfolgreiche Duale System in der Berufsausbildung. Aber eine der beiden Säulen, die Schule, genießt keine Wertschätzung“, heißt es in Lehrerkreisen. Die Bildungswissenschaftlerin Sybille Stöbe-Blossey von der Uni Duisburg-Essen teilt diese Einschätzung: „Ich glaube auch, dass die Berufskollegs schulpolitisch nicht hinreichend beachtet werden. Oft weiß nicht mal die Kommunalpolitik genug darüber, wie dort gearbeitet wird und welche Chancen die Bildungsgänge bieten.“
Die Benachteiligung beginnt nach Meinung vieler Rektoren schon bei der Ausbildung: In NRW gibt es 5300 Lehramtsstudenten für Berufskollegs, aber 27 000 Studenten, die an Gymnasien unterrichten wollen. Dabei zählen die öffentlichen Berufsschulen in NRW sogar mehr Schüler als die Gymnasien, nämlich rund 530 000.