Die SPD inszeniert ihre Europawahl-Spitzenkandidatin in den Sozialen Netzwerken als „Katarina, die Starke – Kämpferin gegen den Rechtsruck“. Doch wovor sorgt sich Katarina Barley konkret nach der EU-Wahl, sollten die Parteien rechts der Mitte tatsächlich gewinnen?
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Im Interview mit unserer Redaktion spricht die ehemalige Bundesministerin darüber, wie sich Europa verändern könnte.
„Modell Ungarn“ – Barley warnt eindringlich vor Trend in Europa
Die Sozialdemokratin sieht sich in der langen Tradition ihrer 161 Jahre alten Partei im Kampf gegen Faschismus und Rechtsextremismus. „Der Kampf für Demokratie ist ein ganz wesentliches und identitätsstiftendes Element für uns“, so Barley. Doch die Politikerin verweist auch darauf, was in manchen europäischen Staaten schon passiert sei und rechtskonservativen, rechtspopulistischen oder postfaschistischen Regierungen.
Unter Regierungsbeteiligung der rechtsradikalen „Wahren Finnen“ werde in dem skandinavischen Land Arbeitnehmerrechte und Streikrechte abgebaut. Die mittlerweile abgewählte PiS-Partei in Polen habe in der Regierung das Recht auf Schwangerschaftsabbruch komplett abgeschafft. „Daran sind Frauen gestorben“, sagt Barley und verweist auf tragische medizinische Notfälle mit Schwangeren.
Giorgia Meloni als Ministerpräsidentin Italiens forciere derweil eine Parlamentsreform zur Machterweiterung nach dem „Modell Orban“ in Ungarn. „Das ist ein System, durch das die Demokratie durch Verfassungsänderungen scheibenweise abgeschafft werden soll. Am Ende wird alles auf eine Partei und eine Person zugeschnitten“, warnt die SPD-Spitzenkandidatin.
Europawahl 2024: Am Ende neue Grenzkonflikte in Europa?
Barley zeigt sich überzeugt, dass das Europäische Parlament den Rechtsruck in Europa noch stoppen könne. Der Europäische Rat als Gremium der Regierungschefs sei bereits rechtskonservativ und teilweise rechtspopulistisch geprägt.
„Diese Regierungen bestücken nachher die Kommission. Auch die Kommission wird also in diese Richtung gehen. Dann bleibt nur noch das Parlament, um einen Ausgleich zu schaffen. Wenn es das nicht tut, dann haben wir insgesamt eine Europäische Union, die komplett anders tickt als die heutige.“
Katarina Barley
Die SPD-Frau geht sogar noch einen Schritt weiter. In letzter Konsequenz befürchtet sie, dass das Friedensprojekt Europa an nationalistischen Bewegungen in den Mitgliedsstaaten zerbrechen und Grenzkonflikte neu aufflammen könnten.
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Barley: „Diese Parteien wollen ein Europa der Vaterländer“. Man wolle sich als Land „das größte Stück vom Kuchen sichern“ und setze nicht mehr auf europäischen Ausgleich und Kompromisse. „Das wird wirtschaftlich nach hinten losgehen, weil sich dann die Ungleichgewichte in der EU schnell vergrößern werden“, befürchtet sie. Noch schlimmer: Es werde „über kurz oder lange auch keine friedliche Union mehr bleiben“.
„Wenn solche Leute an die Macht kommen, dann werden sich Länder in Europa über kurz oder lang wieder gegeneinander aufstellen.“
Katarina Barley
Die frühere Bundesministerin verweist etwa auf Reibereien um Südtirol zwischen Österreich und Italien oder auf Viktor Orban, der provokativ mit den Länderumrissen von Großungarn auftritt, mitsamt Flächen, die mittlerweile zu Rumänien und anderen Staaten gehören.