Der neue Umweltminister Peter Altmaier nennt seine Vorgänger, aber vergisst Norbert Röttgen. Twitter-Nutzer reagieren sofort. Das Arbeitsprogramm steht noch nicht ganz. Dabei will Altmaier „das Rad nicht neu erfinden“.
Berlin.
Wie gut, dass Peter Altmaier twittert. Eben hat der Umweltminister die Namen seiner Amtsvorgänger abgespult. Einen gewissen Norbert Röttgen erwähnt er nicht. Absicht? Versehen? „Es ist einfach geschehen“, meint Altmaier, als er durch Twitter-Nutzer auf seinen Lapsus aufmerksam wird. Rasch fügt er hinzu, dass er auch in der Kontinuität von Röttgen stehe.
Alles andere wäre auch ein übler Tritt vor das Schienbein des Amtsvorgängers gewesen, den die Kanzlerin nach der NRW-Schlappe recht brachial entsorgt hatte. Seit einer Woche ist Altmaier Chef im Umweltressort und soll der stockenden Energiewende doch noch den nötigen Schwung verleihen. Wie das im Detail klappen soll, lässt der Merkel-Vertraute bei der Vorstellung seines Arbeitsprogramms vor der Hauptstadtpresse offen. Vorerst müssen Andeutungen reichen. Bis zum Sommer will Altmaier nun einen Zehn-Punkte-Plan erarbeiten. Er soll die Projekte mit Zeitplan enthalten, die die Koalition bis zur Bundestagswahl umsetzen will.
„Das Rad nicht neu erfinden“
Bei all dem wird der 53-Jährige das „Rad nicht neu erfinden“. Er setzt auf Kontinuität. Es überrascht kaum, was er für das Gelingen der Energiewende definiert. Kraftwerke sind dort zu bauen, wo die Sonne scheint oder der Wind weht. Deutschland ist noch lange auf Kohle und Gasanlagen angewiesen. Die Energiepreise müssen vertretbar bleiben. Der Atomausstieg ist definitiv. Es ist auch eine klare Ansage an die, die mit der Kernkraft weiter liebäugeln.
Altmaiers wichtigste Aufgabe besteht darin, einen Konsens bei der Energiewende herbeizuführen – und dabei den richtigen Ton zu treffen. Einen besseren Protagonisten hätte Merkel dafür kaum finden können. Als Unions-Fraktionsgeschäftsführer hat sich der Saarländer als cleverer Vermittler, Erklärer und Konfliktlöser erwiesen, ohne sich unbotmäßig in den Vordergrund zu drängen. Entsprechend hoch sind die Erwartungen in Altmaiers Geschick von allen Seiten.
Bei der Konsenssuche will er auf Umweltverbände, die Wirtschaft und die Bundesländer zugehen. Dabei lautet das Credo: „Wenn es Probleme gibt, muss darüber geredet werden.“ Ebenso wichtig ist die enge Zusammenarbeit mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), die das neue Kabinettsmitglied nun anstrebt. So haben sich in der Vergangenheit Röttgen und Rösler nicht nur bei der Solarförderung so leidenschaftlich beharkt, dass immer die Frage im Raume stand, wer den Hut bei der Energiewende aufhat. Altmaier ist hier uneitler: „Wir sind nicht so autoritär, dass wir immer jemand brauchen, der die Kappe aufhat.“
Geschicktes Händchen
Ein geschicktes Händchen hat Altmaier bereits jetzt bei der Wahl seiner Termine bewiesen. Heute besucht er das marode Atommülllager Asse. Dort verzögert sich laut Bundesamt für Strahlenschutz die Bergung des Abfalls, nun informiert sich Altmaier vor Ort und setzt damit ein Zeichen des Interesses. Amtsvorgänger Norbert Röttgen ließ sich bei Wolfenbüttel erst nach zweieinhalb Jahren blicken und blamierte sich mit Fragen wie: Wer ist Besitzer der Asse? Bereits am Dienstag hat der Umweltminister die Bundesnetzagentur besucht – mit Merkel und Rösler. Der Netzausbau kommt bislang kaum voran. Um Reibungsverluste zu vermeiden, will Altmaier nun mit allen Ländern reden.
Mit der 100-Tage-Schonfrist darf der Vollblutpolitiker kaum rechnen. Bis zur Sommerpause muss er wesentliche Konflikte abräumen helfen: Dabei geht es um die Kürzung der Solarförderung, das Endlagersuchgesetz und die Förderung der energetischen Gebäudesanierung.