Eine deutsche Tradition geht zu Ende: Adidas und der DFB. Beide Marken stehen sinnbildlich für den deutschen Wiederaufstieg nach dem Zweiten Weltkrieg, für Wirtschaftswunder und Erfolg. Dabei trugen die 54er-Weltmeister – am Rande erwähnt – gar keine Adidas-Trikots, sondern welche der Firma Leuze und die Europameister von 1972 liefen im Umbro-Dress auf.
Die Wut ist allerdings enorm: Der DFB wechselt ab 2027 mit Nike den Ausrüster – ein Verrat am eigenen Land? Die Identifikation zwischen Fans und Verband ist sowieso auf einem Tiefpunkt – und nun sorgen die Fußballfunktionäre für einen weiteren emotionalen Dämpfer vor der Heim-EM.
Adidas: Herstellung in Asien, Eigentümer in den USA
Selbst rot-grüne Ampel-Minister stimmen ein ins nationale Wehklagen. Vizekanzler Robert Habeck wünscht sich „mehr Standortpatriotismus“. Karl Lauterbach findet, dass der „Kommerz eine Tradition und ein Stück Heimat vernichtet“. Was ein Quatsch! Ein Kommentar.
Doch wie einheimisch ist Adidas denn wirklich? Über 90 Prozent der Kleidung wird in Asien produziert, vor allem in Kambodscha, Vietnam, Indonesien, Pakistan und China.
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Dennoch gilt Adidas als urdeutsches Unternehmen. Ja, der Hauptsitz ist im fränkischen Herzogenaurach, aber die Eigentümer sind auf der ganzen Welt verstreut. Im Jahr 2023 waren 36 Prozent der Adidas-Aktienbesitzer in den USA angesiedelt (u. a. der Vermögensverwalter Blackrock), 26 Prozent in Großbritannien. Nur 9 Prozent der Aktionäre stammten aus Deutschland. Es wird also im fernen Ausland produziert und die Eigentümer sind ebenso global. Was genau ist also deutsch am multinationalen Unternehmen Adidas?
Gerade einmal rund 7.700 Menschen arbeiten in Deutschland für die Firma, davon etwa 5.300 in der Zentrale. Zum Vergleich: Für Edeka arbeiten rund 400.000 Menschen und fast 300.000 in Deutschland für Volkswagen. Möglicherweise könnten einige dieser Adidas-Arbeitsplätze nun in Gefahr sein. Aber ein Weltkonzern mit einem Umsatz von über 20 Milliarden Euro ist nicht allein vom DFB abhängig.
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Eine Chance für den DFB – die muss genutzt werden
Andersherum kann aber der Standort Deutschland sogar vom neuen Sponsor Nike profitieren. Laut „Handelsblatt“ soll Nike für den DFB mehr als 100 Millionen Euro jährlich locker machen, während Adidas bislang rund die Hälfte zahlte. Sollte der Deutsche Fußballbund einen Großteil dieser Mehreinnahmen in die Förderung des Jugend- und Frauenfußballs sowie des Amateurbereichs investieren, wären Sanierungen von Sportplätzen und viele andere gute Dinge drin. Eine gerechtere Verteilung der Einnahmen würde dann auch wieder der Akzeptanz des DFB in der Bevölkerung guttun.
Politiker wie Habeck und Lauterbach täten gut daran, darauf einzuwirken, dass die Gelder in die Breite fließen und fair aufgeteilt werden, statt in das Adidas-Gejammer einzustimmen.