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Wie ein Sekten-Guru eine Familie missbraucht

Wie ein Sekten-Guru eine Familie missbraucht

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Foto: WDR
Gegen die „Weltdiener-Sekte“ in Franken unternehmen Ämter wenig. „Hier missbraucht ein Guru seine Macht über abhängige Eltern“, sagt die Leiterin des Sekten-Info NRW, Sabine Riede. Für die Pädagogin liegt eine Kindeswohlgefährdung ganz klar vor.

Erlangen. 

Meditieren um 4.30 Uhr in der Nacht, Schule, Hausarbeit am Nachmittag, dienen. So beschreibt die WDR-Autorin Beate Greindl den Alltag dreier Kinder zwischen acht und 13 Jahren im beschaulichen fränkischen Lonnerstadt.

Ihre Eltern haben sich vor einigen Jahren dem Guru Gerhard ausgeliefert. Einem übergewichtigen Mann mit langem Bart, der im früheren Leben Vertreter für Tiefkühlkost war und heute seine schrägen Vorstellungen einer neuen Weltordnung als Chef der „Weltdiener“ auslebt. Einer Sekte, „die Kinder hungern und schuften lässt, ihnen Medikamente verbietet“, sagt Greindl.

15-Jähriger wäre fast gestorben

Der Software-Entwickler Peter und die Gymnasiallehrerin Bärbel haben laut Greindl ihre Berufe aufgegeben, ihr Haus verkauft und alles Geld der Gruppe gespendet. Heute leben sie vom Kindergeld, in einem alten Haus, ohne Ofen und Dusche. Sie empfangen Almosen vom „Meister“ auf den Knien, haben keine Krankenversicherung. Jede Krankheit sehen sie als Reinigungsprozess.

Für das Kind der Lebensgefährtin des Guru wäre diese Einstellung fast tödlich geworden. Vor Jahren konnte der damals 15-jährige Kilian, der an Mukoviszidose leidet, sein Leben nur durch eine Flucht retten.

Die Behörden sollen damals wie heute weggeschaut haben, behauptet Greindl. „Unwahr“ nennt Landrat Eberhard Irlinger diese Vorwürfe. Das Jugendamt sei seit Jahren eingeschaltet, bereits im Sommer wurde ein gerichtspsychologisches Gutachten in Auftrag gegeben.

Macht-Missbrauch gegenüber Abhängigen

„Zu wenig“, findet Sabine Riede, Leiterin des Sekten-Info NRW. „Hier missbraucht ein Guru seine Macht über abhängige Eltern.“ Für Riede liegt eine Kindeswohlgefährdung vor, „weil eine generelle Heilbehandlung eindeutig verweigert wird“.

Der Junge bekomme keine Brille und sei deshalb im Straßenverkehr gefährdet, erklärt sie. Alle Kinder müssten mit Fieber in die Schule, es gebe keine Salbe für eine wunde Nase. Für Riede ist klar, dass die Kinder zu Außenseitern unserer Gesellschaft erzogen werden.