Melone auf dem Kopf, Schirm in der Hand, Nelke im Knopfloch und eine bezaubernde Emanze an der Seite – so haben Fernsehzuschauer Patrick Macnee in Erinnerung.
Berlin/Rancho Mirage.
Beim psychedelischen Serienhit „Mit Schirm, Charme und Melone“ (1961-1969) durfte er nacheinander mit zwei Frauen flirten, die kurz darauf zu Bond-Girls wurden: Honor Blackman („Goldfinger“) und Diana Rigg („Im Geheimdienst Ihrer Majestät“) prügelten sich mit Macnee durch die Agentenserie. Es war die Rolle seines Lebens. Der Schotte war seither der Inbegriff der British Coolness.
Jetzt trauern weltweit Fans um den Kult-Darsteller. Der Mann, der im TV so oft tödlichen Kugeln auswich, starb mit 93 Jahren friedlich in einem Bett in Kalifornien.
Macnee sei „ein wahrer Gentleman“ gewesen, erinnert sich Roger Moore auf Twitter an seinen langjährigen Freund. „Wir waren Freunde seit den 50ern.“ Macnee und Moore („Simon Templar“) gehören wie Tony Curtis („Die Zwei“) und Peter Wyngarde („Department S“) zu den großen 60er-Jahre-Fernsehhelden. Macnee, der auch Romane schrieb und am Broadway spielte, dürfte einer der Vielseitigsten seiner Generation gewesen sein. Ironischerweise blieb das kaum im Gedächtnis.
„Ich hab’s einmal mit der Arbeit versucht. Aber das war nichts – zu viel Arbeit.“ Die heitere Koketterie, mit der Macnee solche Sätze in „Mit Schirm, Charme und Melone“ (Originaltitel: „The Avengers“) streute, war neben Diana Riggs Sex-Appeal und den exzellenten Drehbüchern einer der guten Gründe, warum die Serie bis heute ein Klassiker ist. Macnee gab vor allem im Zusammenspiel mit Rigg einen sympathischen Pascha („Wenn wir gegessen haben, überfliegen Sie bitte die Polizeiberichte zu diesem Mord. Mich interessieren gewisse Fakten.“). Er war eine stilvolle Bienen-Drohne aus der Oberschicht und war doch immer zur Stelle, wenn es galt, eine Atombombe zu entschärfen oder die auf Bahngleise gefesselte Partnerin zu befreien.
Macnees bunter Lebenslauf passte durchaus dazu: Am 6. Februar 1922 geboren, erlebte er als kleines Kind die Scheidung seiner Eltern. Schon sein Vater, ein Rennpferdetrainer, war ein Dandy. Die Mutter aus der Familie der Huntingtons, Nachkommen von Robin Hood, lebte mit einer Frau zusammen. Das lesbische Paar zog den kleinen Patrick groß. Anfangs wollte seine Stiefmutter ihn als Mädchen erziehen und nur „Onkel Evelyn“ genannt werden. Macnee besuchte das vornehme Eton-College – und flog prompt raus, als er sich als „führender Buchmacher und Pornograf“ auf dem Campus outete. Im Zweiten Weltkrieg rettete eine Bronchitis ihm das Leben: Als er krank im Bett lag, wurde das Schiff seiner Truppe versenkt, fast alle starben.
Nach vielen Theater- und TV-Auftritten in den USA hatte er rund um 1960 eigentlich vor, Produzent zu werden, landete aber bei „Mit Schirm, Charme und Melone“ und stieg zum Hauptdarsteller auf. Zuletzt war Linda Thorson seine Serienpartnerin. Nach einem Fernseh-Revival des Formats in den 70ern, war Macnee noch häufiger in TV und Kino zu sehen, jedoch eher in Nebenrollen, etwa in „Kampfstern Galactica“, wo er den Zylonen-Herrscher Count Iblis spielte. Auch in „Die Seewölfe kommen“ und „James Bond 007 – Im Angesicht des Todes“ trat er auf.
„England hat eine Ikone und ein Vorbild verloren“, trauert der Fernsehkritiker Oliver Kalkofe. „Niemand trug die Melone mit mehr Stil und Lässigkeit als John Steed. Er war, ist und wird es immer bleiben: Der perfekte britische Gentleman – charmant, ironisch, warmherzig und cool bis in die Schirmspitze.“ Für Kalkofe war John Steed „der wichtigste und inspirierendste Held meiner Kindheit“.