Istanbul. Im Prozess gegen Marco Weiss wird Mittwoch ein Urteil erwartet. Nach den Verteidiger-Plädoyers könnte das Gericht das Verfahren noch am selben Tag beenden. Die Anwälte des Uelzeners fordern einen Freispruch, die türkische Staatsanwaltschaft eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs.
Zwei Jahre nach der Eröffnung steht der Missbrauchsprozess gegen den Deutschen Marco Weiss in der Türkei am Mittwoch vor dem Abschluss: Um 14 Uhr soll die Verteidigung des mittlerweile 19-jährigen Fachoberschülers, der vor zwei Jahren im Türkeiurlaub ein damals 13-jähriges Mädchen sexuell missbraucht haben soll, vor dem Schwurgericht in Antalya plädieren. Anschließend will das Gericht nach Angaben der Anwälte das Urteil fällen.
„Wir werden auf Grundlage der vorliegenden Beweise einen Freispruch beantragen“, betonte Verteidiger Ahmet Ersoy. Die türkische Staatsanwaltschaft hat Anfang Juni ohne konkretes Strafmaß beantragt, Marco Weiss wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs schuldig zu sprechen.
Verteidiger kündigen bei Verurteilung Revision an
Der Fall hatte vor zwei Jahren für großes Aufsehen gesorgt, weil der damals 17-jährige Schüler aus dem niedersächsischen Uelzen acht Monate in der Türkei in Untersuchungshaft saß. Er hatte im April 2007 im Osterurlaub mit seinen Eltern die junge Engländerin Charlotte kennengelernt, die ihn mit in ihr Hotelzimmer genommen hatte. Am nächsten Tag erstattete ihre Mutter Strafanzeige wegen sexuellen Missbrauchs, woraufhin Marco Weiss festgenommen wurde. Er sagte aus, er habe nichts gegen den Willen des Mädchens getan, außerdem habe sie ihm gesagt, sie sei 15 Jahre alt. Tatsächlich war sie erst 13.
Verteidiger Ersoy kündigte für den Fall einer Verurteilung Revision an: „Etwas anderes als einen Freispruch können wir nicht akzeptieren – ansonsten gehen wir in die Revision.“ Die erhobenen Beweise reichten für eine Verurteilung nicht aus. Beweisanträge wolle die Verteidigung in ihrem Plädoyer nicht mehr stellen.
StaatsanwaltschaftLüneburg stellte Verfahren wegen fehlender Beweise ein
Bei der Urteilsverkündung wird Marco Weiss nicht anwesend sein. Seit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft im Dezember 2007 ist er nicht wieder in die Türkei gereist. „Marco hofft, am Mittwoch möglichst mit der Sache abschließen zu können“, sagte sein deutscher Anwalt Jürgen Schmidt. „Wir hoffen natürlich auf einen Freispruch.“ Den Vorwurf der Vergewaltigung bezeichnete Schmidt „als völlig verfehlt“, auch vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs eines Kindes sei sein Mandant freizusprechen: „Er musste davon ausgehen, dass das Mädchen mindestens 15 Jahre alt war.»2
Das Gericht in Antalya hatte das Verfahren gegen Weiss Anfang Juli 2007 eröffnet. Seither bemühte es sich, mit gerichtsmedizinischen Gutachten und einer im Wege der Rechtshilfe eingeholten Aussage Charlottes festzustellen, was wirklich in der fraglichen Nacht passierte. In Deutschland stellte die Staatsanwaltschaft Lüneburg ein Ermittlungsverfahren im Mai ein, da abgesehen von einer Aussage Charlottes keine weiteren belastenden Beweise aufgetaucht seien. (afp)